Zindy forever
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Zindy im Kasperletheater

Zindy fand, dass das Sommerfest über das sie gerade schlenderten, eines der schlechtesten Feste war, das sie jemals besucht hatte. Das Essen war teuer und verkocht, die Stände zum Gähnen langweilig und über die Musik brauchte man gar nicht sprechen. Wenn sie das vorher gewusst hätte, hätte sie sich Kisha und Nina bestimmt nicht aufgedrängt. Na, vielleicht hatte sie ja Glück und es regnete bald vom aktuell blöderweise strahlend blauen, wolkenlosen Himmel.
Die beiden jungen Frauen blieben gerade etwas länger stehen. Anscheinend gab es doch noch etwas halbwegs Interessantes zu sehen. Der kleine Stoff-Orang-Utan beschloss einen Blick zu riskieren.
Vor ihr standen ein paar Reihen mit Biertischbänken, auf denen schon einige, vor allem kleinere Kinder Platz genommen hatten. Die Bänke waren in einem Halbkreis auf eine kleine Holzbude ausgerichtet, deren Luke noch geschlossen war.
Ein Mann streckte seinen Kopf zu Seitentür heraus. „In einer Viertelstunde geht es los, Kinder!“ Und schon war er wieder weg.
„Was geht los?“ fragte sich Zindy. Mit dieser Frage war sie allerdings wohl allein, denn alle anderen schienen zu wissen, was dann passieren würde. Zu ihrem Glück halfen ihr Kisha und Nina unbewusst weiter.
Die deutete mit der Hand auf ein buntes Plakat. Es zeigte mehrere lustige Figuren. Eine trug eine lange Zipfelmütze, eine war eine alte Frau, eine sah aus wie ein Polizist und eine war ein Krokodil.
„Kasperle und das gefährlich-diebische Krokodil“ las Nina vor. „Sehen sich Kinder heutzutage so etwas noch an?“
Dem war wohl so, denn die Reihen füllten sich. Auch Kisha zog die überraschte Nina auf eine Bank. „Hier ist doch sowieso nichts los. Und vielleicht wird das Kasperletheater ja ganz lustig. Lass und zuschauen. Ich spendiere dir auch ein Eis.“
Sonst konnte man sowohl Nina als auch Zindy mit Eis immer rumkriegen. Heute aber stimmte nur Nina zu. Das kleine Stoff-Orang-Utan-Mädchen war dagegen mit anderem beschäftigt. Hier würde gleich eine Geschichte erzählt werden, in der ein Stoffkrokodil der Bösewicht sein sollte. Aber Stofftiere machten so etwas doch gar nicht. Dem musste Zindy auf den Grund gehen.
Zwischen baumelnden Kinderfüßen hindurch schlich sie unbemerkt zu der Bude hin und entdeckte seitlich ein kleines Fenster, das einen Spalt weit offen stand. Sie zog ihr winziges Bäuchlein ein und drückte sich hinein.
Drinnen war es halbdunkel. Es roch stickig. Auf einem Regalbrett saßen ein Dutzend Handpuppen. Dazu gab es ein paar Goldmünzen, eine Kette, eine Truhe und allerlei weiteren Krimskrams. Und ganz am Rand döste ein mattgrünes Stoffkrokodil.
Es hatte Zindy wohl kommen hören, denn es öffnete erst das eine, dann das andere Auge und blickte sie an.
Auf Zindy wirkte es weder gefährlich noch diebisch, sondern einfach nur traurig.
Bevor der kleine Stoff-Orang-Utan etwas sagen konnte, begann es von sich aus zu sprechen. „Du glaubst nicht, dass ich so böse bin, oder?“
Zindy schüttelte energisch den Kopf.
„Bin ich auch nicht. Ich würde nie so etwas tun, aber in diesen Kinderstücken kommt das Krokodil nun einmal immer schlecht weg. Wir beißen. Wir klauen. Wir erschrecken alle. Nur bin ich nicht so. Wenn hier jemand erschrickt, dann bin das ich. Ich würde so gerne am Ende der Geschichte von den Kindern geliebt werden. Doch die lachen dann immer nur über mich“, seufzte es. Sogar eine einzelne Träne kullerte ihm über das Gesicht, die es verschämt wegwischte.
Zindy tat das arme Krokodil so leid. Sie überlegte noch, was sie ihm aufmunterndes sagen konnte als der Mann zurückkehrte und sie sich deshalb schnell verstecken musste.
Der überprüfte noch einmal, ob auch alles am richtigen Platz lag. Zuletzt klebte er eine Goldmünze auf dem Boden des Fressnapfes des Krokodils fest. Dann verschwand er wieder nach draußen um den Beginn des Stücks in drei Minuten anzukündigen.
Für Zindy genügte diese Zeit völlig. Sie schnappte sich die Goldmünze und verschwand mit ihr hoch auf die Vorhangstange über der Luke und versteckte sich dort zwischen den Falten des Vorhangs und das keine Sekunde zu früh.
Eine Frau betrat die Bude. Die Klappe der Luke wurde nach außen gezogen und dann war auch der Mann wieder da. Von draußen rief ein Kind nach dem Kasperle. Ein zweites kam dazu, dann ein drittes und viertes und schließlich brüllten alle Kinder vor der Bude lauthals „Kasperle, Kasperle!“
Der Mann drückte auf einen Knopf und ein lautes „Tri-tra-trullala, der Kasperle ist wieder da!“ Schallte zurück und brachte die Meute zur Ruhe. Mit einem „Kinder, seid ihr alle da?“ begann endlich die Vorführung.
Fasziniert beobachtete der kleine Stoff-Orang-Utan von seinem Logenplatz aus, was unter ihr geschah.
Anscheinend hatte die Gretel-Puppe von ihrer Oma zum Geburtstag eine Goldmünze erhalten, die sie nun nicht mehr finden konnte. Man suchte beim Kasperle, beim Seppl und sogar bei dem freundlichen Wachtmeister, aber nirgends war sie zu finden.
Dann schob jemand ein hämisch grinsendes Krokodil durch Bild und schon war jedermann klar, wer hier der Bösewicht war. Denn für alle gut ersichtlich hatte es einen kleinen Sack dabei, in dem etwas Rundes steckte. Alle Zuschauer dachten daraufhin dasselbe. Das Krokodil hantierte wild mit Sack und Fressnapf und legte sich dann direkt neben den Fressnapf auf den Boden. Eine Pfote kam sogar darauf und zeigte jedem deutlich, wer hier das Sagen über den Napf hatte.
Eine schniefende Gretel erschien zusammen mit dem Kasperle auf der Bühnenmitte.
Sofort brüllten alle Kinder: „Unter dem Futternapf! Unter dem Futternapf!“
Zindy war wahrscheinlich die einzige, die erkannte, dass das Stoffkrokodil nichtböse, sondern nur traurig war. Aber sie hatte ja vorgesorgt.
Während sich das Geschehen auf der Bühne der rechten Seite zuwandte, dort, wo das Krokodil den Fressnapf bewachte, schob Zindy auf der linken Seite unbemerkt einen Korb auf die Bühne. In dem lag ein Blumenstrauß.
Kasperle und Gretel und der schnell herbeigeeilte Wachtmeister waren inzwischen bei dem Krokodil. Der Wachtmeister tat dabei besonders wichtig.
„Das ist Sache der Polizei“, erklärte er dem Kasperle und der Gretel und hob dabei den Arm. „Alle anderen zurücktreten.“ Dann begann er den Wassernapf zu untersuchen. Nicht nur zu seinem Erstaunen fand er jedoch nichts. Auch die Puppenspielet waren etwas verwirrt.
„Ich dachte, du hättest das überprüft“, schimpfte eine Frauenstimme aus der Bude.
Ein Kind in der ersten Reihe deutete auf den Korb. „Vielleicht ist die Münze ja da drin!“
„Ups“, schoss es Zindy durch den Kopf. Die hatte sie ganz vergessen. In Windeseile griff sie sich die Münze, die sie oben auf der Vorhangstange versteckt hatte und wollte sie schnell in den Korb fallen lassen. Blöderweise fiel sie aber erst dem Mann auf den Kopf und rollte danach quer über die Bühne.
„Autsch!“ rief der Mann, obwohl das nicht zu dem Stück gehörte.
Die Frau war geschickter. Sie ließ die Gretel-Puppe die Münze aufheben. „Improvisiere!“ flüsterte sie dem Mann zu. Laut aber sagte sie: „Dann hat das arme Krokodil die Münze ja gar nicht gestohlen.“
„Nein“, brüllten jetzt alle Kinder. „Kroko ist unschuldig.“
Der Mann hinter der Bühne war daraufhin so verwirrt, dass er sich statt dem Kasperle die Puppe des Zauberers schnappte, der nun wild mit seinem Zauberstab fuchtelte und etwas von einem großen Durcheinander murmelte.
Das Stück machte längst keinen Sinn mehr, aber da alle Kinder lachten, machten die beiden Puppenspieler einfach irgendetwas. Der König kam noch auf die Bühne, dazu der Räuber, ein Bäcker und die Großmutter, die mit dem Krokodil zu tanzen begann. Unter großem Gejohle und Applaus der Kinder gab es noch eine Abschlusspolonaise mit einem strahlend glücklichen Krokodil und dann war das Stück vorbei.
„Eigentlich sollten wir das jetzt immer so machen“, fanden die Frau und der Mann.
Das fand Zindy auch. Sie zwinkerte dem Stoffkrokodil noch einmal von oben zu und kehrte dann schnell zu Kisha und Nina zurück.


Lies bald weiter ...