Zindy forever
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Zindy und die Wahl zur Miss Stofftier


 

Zindy sah nur mit einem Auge hin und damit auch nur halb. Die vier aufgetakelten, überstylten und zu viel geschminkten Gestalten auf dem Bildschirm fand sie ziemlich doof. Auch Kisha, die mal wieder mit Nina telefonierte, sah kaum hin.
Laut dem Fernsehprogramm suchten die vier ein neues Supermodel. Dazu stellten sie den Teilnehmerinnen reichlich dämliche Aufgaben. Die wollten angeblich alle gewinnen. Es gab viel albernes Gekicher, noch mehr Geheule und nochmals mehr Gezicke. Zindy kannte das. Schließlich wäre sie einmal um ein Haar Miss Stofftier geworden. Der kleine Stoff-Orang-Utan musste breit grinsen als er daran zurückdachte.
Die Wahl hatte nicht in der Stofftierfabrik stattgefunden. So etwas hätte das Schwein sofort unterbunden und das aus einem ganz einfachen Grund. Auch wenn Was-auch-immer ansonsten sehr streng und auch etwas sonderbar war, kannte es da kein Pardon. Für ihn gab es keine schönen oder schöneren Stofftiere. Nein, alle waren gleich. Lieblinge kannte es nicht. Höchstens ein paar Querschießer wie ein uns gut bekanntes kleines Orang-Utan-Mädchen.
Ganz anders war es in dem wirklich großen Kaufhaus in Berlin gewesen. Wettbewerb war hier an der Tagesordnung. Man kämpfte um einen Platz im richtigen Regal und dann um einen auf dem besten Regalbrett. Man stritt um einen der vorderen Plätze auf dem Brett und dann darum, wer neben einem saß. Denn das war alles entscheidend über Erfolg oder Misserfolg bei den vorbeikommenden Käufern.
Die Krönung aller Wettbewerbe aber war die alljährliche Wahl zur Miss Stofftier.
Eine dreiköpfige Jury wählte in Vorvorauswahlen und Vorauswahlen erst einmal die Teilnehmerinnen der eigentlichen Wahl aus. Zindy ließ das kalt. Als einzige Interessentin aus der Gruppe der Affen war sie automatisch für das Finale gesetzt. Alle anderen Affen fanden das Ganze nur affig. Neben ihr hatte dieses Glück nur noch eine gemütliche Nilpferddame, dem die anderen Stofftiere noch weniger Chancen auf den Titel zugestanden als ihr.
Bei allen anderen Tierarten meldeten sich mindestens zwei Teilnehmerinnen an, was dann eine oder mehrere Vorauswahlen nötig machte. Spitzenreiter waren Pfauen und Katzen mit jeweils elf Bewerbern.
Zindy verschlief die Vorvorauswahl und während der Vorauswahl übte sie gerade Zehenwackeln. Es war nämlich gar nicht so einfach mit dem ersten und dem dritten Zeh gleichzeitig zu wackeln und die anderen beiden still zu halten. Bis sie es beinahe hinbekam war diese Veranstaltung so-gut wie vorbei. Sie bekam gerade noch mit, daß bei der endgültigen Wahl Kostüme, Schmuck und Accessoires erlaubt waren und es Fragen und ein Vorlaufen gab und man auch etwas vorführen durfte.
Kostüme, Schmuck und vor allem Asesoars fand Zindy reichlich albern. Die anderen wurden dagegen total aufgeregt und rannten oder hüpften oder krochen wild durcheinander. Sogar die Nilpferddame tänzelte leicht hin und her.
Aus dem ganzen Kaufhaus trugen die Teilnehmerinnen zusammen, was sie für ihren Auftritt brauchten: Puppenkleider, Ohrringe und Ketten, Geldbörsen, die man als Taschen benutzen konnte, Bunte Tücher, eine Federboa und künstliche Blumen tauchten ebenso um die Stofftierregale auf wie diverse Schminkutensilien, Damendüfte, Sonnenbrillen, eine Hantel, ein Ball und eine Schachtel Pralinen.
Fritz, der Fuchs, stöhnte als er all das sah. Er hatte sich freiwillig für die Requisiten gemeldet und fragte sich nun, wie die Eulen nach dem Ende der Veranstaltung alles wieder rechtzeitig und ordentlich an den ursprünglichen Platz zurückbringen sollten ehe am nächsten Morgen die ersten Angestellten im Kaufhaus eintreffen würden.
Zindy beschloss ohne den ganzen Krimskrams auszukommen. Sie schnappte sich vorsorglich drei Startnummern, damit man sie auch ja nicht vergaß. Die 17 kam auf den linken Fuß, die 24 auf den Bauch und die 47 auf die Stirn. Sie konnte keine der Zahlen lesen, aber da sie sowieso als letzte drankam, war das egal. So perfekt ausgestattet setzte sie sich gutgelaunt zu den anderen Teilnehmerinnen und wartete ab, was nun weiter geschehen würde.
Die Nashörner schoben alles vom langen Kassentresen, was nicht festgeklebt oder zu schwer war. Die Gorillas schleppten ein paar Kissen an, auf denen die dreiköpfige Jury, bestehend aus einem Krokodil, einem Hahn und einer Waschbärdame, die sich entweder putzte oder in einen Spiegel sah oder sich putzte und dabei in einen Spiegel sah. Auf dem Tresen selbst wurden mehrere Schals ausgelegt, die als Laufsteg dienen sollten. Ein Elefant gab ein lautes „Tröööt!“ von sich, was wohl als Startsignal dienen sollte.
Alle zwölf Teilnehmerinnen durften sich zunächst einmal in einer Reihe aufstellen.
„Zindy, sehr angenehm“, sagte Zindy zu der neben ihr stehenden Katze. „Und du?“
„Hier ist kein Platz für Freundlichkeiten“, miaute die zurück. „Wir sind Konkurrentinnen. Sei still und bring hier nichts durcheinander.“
„Ruhe da hinten“, motze denn auch prompt der Hahn. „Wir fangen jetzt an. Konzentration, meine Damen.“
Als erstes war ein Stinktier dran. Es war so aufgeregt, dass es genau in der Mitte des Laufstegs stolperte. Es machte vorne „Pfff!“ und hinten „Pfff!“. Unter dem Gelächter vieler Zuschauer verließ es mit hochrotem Kopf die Veranstaltung.
„Disqualifiziert!“ schrie ihm die Waschbärdame nach.
Zindy fand das ziemlich gemein.
Die Katze trug die Startnummer 2. Sie setzte sich eine Sonnenbrille auf, schlang sich die Federboa um den Hals und stolzierte dann über den Laufsteg. „Miss Mississippi Missouri aus Massachusetts“, stellte sie sich vor. „Was ich mir wünsche?“ Sie sprach sehr betont und machte dabei Krokodil und Hahn schöne Augen. „Weltfrieden.“
Die zeigten sich durchaus angetan und zwinkerten ihr zu.
Jedes weitere Tier, egal ob Pfau, Schwan, Pferd oder Lama machte ein ähnlich albernes Theater. Das Nilpferd schmetterte gar eine Arie. Am schlimmsten trieb es allerdings die Tigerdame.
Die schritt zugegeben sehr elegant über den Laufsteg. Vor der Jury verhielt sie und nannte gelangweilt überheblich ihren Namen. Dann zeigte sie mit einem verschlagenen Blick ihre langen scharfen Krallen. „Die durchdringen auch das dickste Fell“, erklärte sie und fügte danach hinzu. „Ach ja, und Weltfrieden.“
Dann war als letzte Zindy an der Reihe.
Sie packte alles an Schmuck und Kleidung, was sie auf einmal tragen konnte, und schleppte den ganzen Haufen auf wackeligen Füßen den Laufsteg hinunter. Dort warf sie ihn auf die glatte Fläche neben den ausgelegten Schals vor die Sitzkissen mit der Jury. Sie hüpfte zum anderen Ende zurück. Auf Höhe des Stinktieres verhielt sie kurz.
„Das ist für dich“, sagte sie so laut, daß es jeder hören konnte.
Sie schnippte mit den Fingern.
Der alte Seelöwe hatte auf dieses Zeichen gewartet. Er schaltete das Radio der Verkäuferinnen ein und drehte es etwas lauter. Aus den Boxen dröhnten die ersten Akkorde von David Bowies Song „Slow Burn“.
Zweimal tippte Zindy mit dem linken Fuß auf und dann ging es auch schon los. Sie stürmte vorwärts und ließ sich kurz vor dem Kleider-Schmuck-Berg seitlich fallen. Mit den Füßen voraus schlitterte sie frontal hinein und schob ihn gegen das Kissen des Hahns, der daraufhin nach hinten wegkippte.
„Das ist …“, schnaubte er. „Das ist …“
„Rock’n’Roll“, schrie Zindy und begann Luftgitarre zu spielen. Dann tanze, hüpfte, kletterte und schwang sie bis zum Ende des Liedes so wild, daß sie danach erst kurz durchschnaufen musste. Sie grinste in die Runde und meinte abschließend zu der völlig entsetzten Jury. „Und dann noch dieses Friedensdingsbums.“
Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, daß sie nicht gewonnen hat.


Lies gleich weiter: "Zindy auf dem Weihnachtsmarkt"