Zindy forever
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Zindy geht Zelten


Die Sache mit den Heringen hatte Zindy immer noch nicht verstanden. Warum nur sollte man ausgerechnet Fische in den Boden hauen, wenn man ein Zelt aufstellen wollte. Aber wenn Ludwig das sagte, würde es wohl stimmen. Schließlich kannte sie Ludwig jetzt schon eine ganze Weile und jemand, der sie Burgfräulein Zindyrella nannte, irrte sich nicht. Wahrscheinlich war Hering einfach nur ein Fachbegriff aus der Zeltmenschensprache. Ludwig war darin bestimmt ein alter Hasse, aber für sie war es das erste Mal.
Verwirrt war sie bereits zu Hause gewesen noch lange bevor dieses verrückte Gezelte heute begonnen hatte. Man brauchte nämlich Tage um es vorzubereiten: Spezielle Kleidung und ein Schlafsack mussten eingepackt werden, dazu Lebensmittel und Getränke, Anzünder für ein Lagerfeuer, Mückenschutz, eine Taschenlampe, Campingstühle, diese Fische und natürlich ein Zelt.
Der kleine Stoff-Orang-Utan besaß von alledem nichts. Doch Kisha packte so viele Sachen ein, dass es bestimmt auch noch für sie mit reichen würde. Denn im Gegensatz zu Gerome, der sich auf ein faules Wochenende freute, wollte sie unbedingt mit auf diesen Zeltausflug gehen. Am Ende hatte Kisha allerdings so viel Zeug beisammen, dass Zindy in deren Rucksack keinen Platz mehr gefunden hätte, wenn sie nicht beschlossen hätte, dass ein Hammer nicht unbedingt ins Gepäck einer jungen Dame gehörte. Sie ließ ihn deshalb vom Sofa plumpsen und schuf so zwischen Regenjacke und zwei paar warmen Socken etwas Raum für sich selbst.
Am Zeltplatz angekommen wollte der kleine Stoff-Orang-Utan eigentlich zunächst alles in Ruhe aus sicherer Entfernung beobachten. Doch daraus wurde nichts.
„Du warst doch für den Hammer zuständig, Kisha“, rief Ludwig während er eine Schnur um eine gebogene Metallstange wickelte. „Den könnte ich jetzt zum Heringe reinklopfen brauchen.“
Zindys „Ups!“ ging im allgemeinen Erstaunen unter als Kisha sie statt des gewünschten Hammers aus ihrem Rucksack herausbeförderte.
„So ein Mist“, jammerte die. „Und ich war mir so sicher, dass ich ihn eingesteckt habe. Wie konnte mir das passieren?“ starrte sie Zindy an.
Der Rest der Zeltgruppe bog sich vor Lachen. Bis auf Ludwig. Der nahm Kisha ganz vorsichtig den kleinen Stoff-Orang-Utan ab. „Es ist mir wahrlich ein Rätsel wie ihr dieses grobe Werkzeug mit der bezaubernden Zindyrella verwechseln konntet.“ Er setzte Zindy auf seinen Schlafsack und suchte sich anschließend einen großen Stein um damit die Metallstangen im Boden zu versenken. Ein bisschen tat er Zindy schon leid, zumal da er ihr im Anschluss an den Zeltaufbau auch noch ihre ganz eigene Schlafecke in Kishas Zelt einrichtete. Allerdings hatte sie irgendwie das Gefühl, dass er dies nicht nur um ihretwillen tat. Strahlte er doch dabei ununterbrochen Kisha an.
Sollte er auch tun, aber was war jetzt eigentlich mit den Heringen? Irgendwie hatten wohl alle anderen die armen Fische vergessen.
Lange hing der kleine Stoff-Orang-Utan den Tieren aber auch nicht in Gedanken nach. Inzwischen standen nämlich alle fünf Zelte im Halbkreis um einen großen Steinkreis. Drei der Jugendlichen zogen los um Holz zu besorgen. Nina und ein Zindy unbekanntes Mädchen versuchten ein Feuer in Gang zu bekommen. Der Rest der Gruppe bereitete Stockbrot, Spieße mit Gemüse, Würstchen, Schinken und Fleisch und Folienkartoffeln vor oder richtete die Getränke her und stellte die Stühle rund um die Feuerstelle.
Bald war alles vorbereitet und die Gruppe inklusive Zindy verbrachte einen lustigen Abend am Lagerfeuer. Der kleine Stoff-Orang-Utan hatte viel gegessen, ein bisschen mitgesungen und vor allem den verrückten Geschichten gelauscht. Inzwischen war sie längst fürs Bett bereit. Zumindest so lange bis Kisha und zwei andere Mädchen vom Waschraum des Zeltplatzes zurückkehrten.
„Habt ihr auch das Schild neben der Tür gesehen?“ fragten sie aufgeregt in die Runde. „Vorsicht Wölfe! Meinen die das Ernst?“
Ludwig und die anderen Jungs beruhigten sie schnell. „Bestimmt nicht. Sonst würden hier doch nicht Familien mit kleinen Kindern zelten.“
Den drei jungen Frauen genügte das. Nur Zindy war mit dieser Antwort nicht glücklich.
Wölfe. Hatte sie nicht erst neulich einen Bericht im Fernsehen gesehen, wonach die Wölfe zurück in Bayern waren. Jede Woche wurde doch irgendwo einer gesichtet. Und ein Warnschild stellte man wohl kaum zum Spaß auf. Dass es die Jugendlichen nicht länger beschäftigte, sondern alle gutgelaunt und mit albernen Sprüchen in ihren Zelten verschwanden, half ihr da auch nicht weiter. Sorglosigkeit schützte im Zweifelsfall nicht vor dem Angriff eines Wolfsrudels.
Kisha brachte Zindy in ihrer Schlafecke unter, gab ihr noch einen Gute-Nacht-Kuss und war genauso wie Nina im Schlafsack daneben schnell eingeschlafen. Nur der kleine Stoff-Orang-Utan lag noch wach und starrte besorgt die Zeltwand an.
Im Augenblick war es draußen ruhig. Wie ihre Gruppe waren die meisten anderen inzwischen Schlafen gegangen. Am Waschraum brannte noch die Außenbeleuchtung und hier und da eine kleine Solarlaterne, die den Gästen bei Nacht den Weg weisen sollte.
Zindy hoffte, dass sie bald ausgehen würde, denn durch sie zeichneten sich von außen Schatten an der Zeltwand ab.
Das kleine Stoff-Orang-Utan-Mädchen konnte Grashalme erkennen und den leicht verschwommenen Umriss eines Baumes. Also nichts Gefährliches. Sie begann sich schon zu fragen, ob sie nicht etwas übertrieben hatte und sie endlich auch schlafen sollte als das Grauen plötzlich zuschlug.
Es fing mit einem leisen Geräusch an. Nicht sonderlich laut, aber dafür umso näher. Jemand war nur wenige Schritte von ihrem Zelt entfernt und dieser jemand ging nicht auf zwei Beinen. Zindy hörte das ihr vertraute Tapsen von vier Pfoten. Der Jemand war also ein Etwas.
Das Etwas blieb stehen und hechelte. Dann machte es wieder ein paar Schritte und stand nun genau an der von der Außenbeleuchtung angestrahlten Zeltseite.
Und da erblickte sie ihn: Den Umriss eines Wolfes. Gruselig grässlich gefährlich sah er aus und gigantisch groß.
Zindy war vor Angst wie versteinert. Was wenn das Tier gleich ins Zelt kam und sie alle auffraß? Der lächerliche Reißverschluss würde den Wolf kaum aufhalten. Und das Stofftier wurde bekanntlich immer zuerst angegriffen. Der kleine Stoff-Orang-Utan war nicht einmal mehr in der Lage zu schreien. Nur die Augen konnte sie noch bewegen, aber das half ihr nicht weiter.
Vielleicht geht er weg, wenn ich nicht hinschaue, schoss es ihr durch den Kopf. So fest wie sie nur konnte kniff sie ihre Augen zusammen und wartete.
„Willst du wohl vom Zelt der Nachbarn weg, Lucky“, vernahm sie die freundliche, aber energische Stimme eines älteren Mannes. „Die wollen in Ruhe schlafen.“
Lucky? Der Hund vom Nachbarzelt?
Zindy öffnete vorsichtig erst eines, dann das zweite Auge und sah wieder zur Zeltwand.
Der riesige Umriss des Wolfes war mit einem Male viel kleiner, vor allem da jetzt ein Mann neben ihm stand. Dem ging das falsche Ungeheuer gerade einmal bis ans Knie.
Zindy hörte das Klicken eines Karabiners und dann trottete der jetzt angeleinte Lucky an der Seite seines Herrchens von dannen.
Der kleine Stoff-Orang-Utan war so fertig und erleichtert zugleich, dass sie noch eine ganze Weile nicht einschlafen konnte. Dann aber schlief sie so tief und fest, dass sie fast das Frühstück verschlafen hätte.



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