Zindy forever
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Zindy will zählen lernen

 


Hm.

 Zindy war sich nicht sicher, ob sie sich eine Erdbeere nehmen konnte. Es reizte sie schon, aber Kisha hatte ihrer Freundin Nina am Telefon versprochen am Abend mindestens fünf Dutzend Erdbeeren mitzubringen und jetzt hatte der kleine Stoff-Orang-Utan ein Problem. Zindy konnte nämlich nicht so gut zählen.
Ein Mensch. Zwei Füße. Drei Sofakissen. So weit, so gut. Sobald es aber zweistellig wurde, stellten sich bei Zindy mehr und mehr Unsicherheiten ein und bei Zahlen jenseits der 20 tat sie nur noch eines und das war raten.
Vielleicht hätte sie damals in der Stofftierfabrik doch besser aufpassen sollen. Dort hatte sie nämlich nicht nur ihren Namen erhalten. Nein, in den wenigen Tagen, die die neu produzierten Stofftiere im Lagerraum der Fabrik verbracht hatten, war ihnen vor allem vom Schwein Was-auch-immer all das beigebracht worden, was ein Stofftier im späteren Zusammenleben mit seinem oder ihrem Menschen wissen musste. Dazu gehörte neben den Stofftierregeln unter anderem auch das Zählen.
„Auch wenn die Einhörner und Pfauen das glauben“, hatte das Schwein energisch gesagt, „aber Schönheit allein reicht im Leben nicht aus.“ Es hatte die chillenden Panther böse angesehen. „Und cool sein auch nicht.“ Mit einem Lineal hatte es den Takt geschlagen. „Eins und zwei und drei und vier. Zählen lernt das Kuscheltier. Fünf und sechs und sieben. Mein Mensch, der wird mich lieben.“ Ein Radiergummi war in die Box der Faultiere geflogen. „Aufgewacht und mitgemacht!“
Ein einziges hatte gähnend den Kopf gehoben und verschlafen mit einem Auge geblinzelt, der Rest hatte sich einfach nur umgedreht.
Auch Zindy hatte gefunden, daß das Schwein es ziemlich übertrieb. Jetzt hatte sie schon zehn Minuten brav bei den Stofftierregeln mitgemacht. Das sollte wohl fürs Erste genügen. Außerdem hatte sie gerade einen wärmenden Sonnenstrahl entdeckt, der von der Box mit den Stoffelefanten langsam zur Box mit den Stoff-Orang-Utans weitergezogen war. Sie musste nur Xanti neben sich ein klein wenig zur Seite schieben, dann würde er ihre Nasenspitze kitzeln.
„Hey du da, Neue!“ Was-auch-immer hatte mit dem Lineal auf sie gezeigt. „Was kommt nach 28?“
Erst als Yves – der Stoff-Orang-Utan auf ihrer anderen Seite -  sie in die Seite gestupst hatte, war Zindy klar gewesen, daß das Schwein sie gemeint hatte. Dummerweise hatte sie so gar keine Ahnung, was es gefragt hatte.„Zwölfundzwanzig“, hatte sie vorsichtig gesagt und alles hatte gelacht.Was-auch-immer hatte sie von oben herab angesehen und dann den anderen erklärt: „Seht ihr, daß passiert, wenn ihr nicht aufpasst.“
„Achtzehnsieben“, hatte es Zindy noch versucht.
„Traurig.“ Mehr hatte das Schwein nicht mehr dazu gesagt und sich von ihr abgewandt. „Wer weiß es?“
Mehrere Eulen hatten streberhaft mit den Flügeln geflattert. „Nimm mich! Nimm mich!“
„Na, dann eben vierzehn neun fünfunddreißig“, hatte Zindy in ihrer Box gemault.
Einige der Stoff-Orang-Utans um sie herum hatten zu kichern begonnen. Jedoch nicht, weil Zindy falsch gezählt hatte, sondern nur, weil die Zahl so komisch war.
„Vierzehn neun fünfunddreißig“, hatte Xanti lachend wiederholt. „Du bist aber lustig!“
Auch Yves war begeistert gewesen. „Und so mutig. Ich hätte mich das nicht getraut. Das Schwein schaut immer so grimmig.“
Zindy hatte sich dadurch bestätigt gefühlt. „Siebzehn sechs einundzwanzig“, hatte sie nachgelegt und dabei ihre Hüften kreisen lassen, worauf auch die Elefanten und Faultiere in den benachbarten Boxen zu kichern begonnen hatten.
Was-auch-immer hatte mit einem strengen Blick in die Runde versucht, seine Autorität zurück zu gewinnen, doch dafür war es längst zu spät. 
„Apfelmus“, hatte es von irgendwoher gequickt.
„Spinnenbeine“, von woanders.
Danach war an Unterricht nicht mehr zu denken gewesen. Alles hatte wild durcheinander geschnattert, gebellt, gebrummt, geknurrt und getrötet.
Mit einem drohenden „Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt!“ hatte sich Was-auch-immer samt Lineal schmollend in die Box der Eulen verzogen.
Zindy musste auch jetzt noch grinsen als sie daran zurückdachte. Nur half ihr das im Augenblick so überhaupt nicht weiter.
Sie fixierte die mit Erdbeeren gefüllte Schüssel. Dann kam ihr urplötzlich die rettende Idee.
Sie holte eine Erdbeere aus der Schüssel und legte sie auf die Arbeitsplatte. Eine zweite kam daneben, dann eine dritte und vierte. Als sie zwölf in einer Reihe hatte stockte sie unsicher, denn bis hierhin konnte sie sicher zählen. Sie überlegte kurz und legte dann noch zwei Stück dazu ehe sie eine neue Reihe begann.
Auf diese Weise entstand eine zweite und dritte Reihe und die Schüssel leerte sich dabei merklich. Bei der vierten Reihe entstanden bereits größere Lücken auf dem Schüsselboden. Mehr wie zwei weitere Reihen würde sie nicht mehr legen müssen. Sie wollte sich gerade eine neue Erdbeere schnappen, da hörte sie ein Geräusch von der Wohnungstür.
Zindy reagierte blitzschnell. Die Erdbeere blieb in der Schüssel und sie selbst lag binnen Sekunden so auf ihrem Sofakissen als ob sie es nie verlassen hatte.
Aus den Augenwinkeln beobachtete Zindy wie Mama Kathrin hereinkam. Seit Kishas Pflanzen neulich fast eingegangen waren, kam sie jetzt einmal die Woche hoch in Kishas Dachgeschoßwohnung um nach den Blumen ihrer Tochter zu sehen. Sie holte sich die kleine Gießkanne vom Fensterbrett und ging damit zum Küchenwaschbecken. Gerade wollte sie den Hahn aufdrehen, da fiel ihr Blick auf die Arbeitsplatte.
„Das ist so typisch für meine Tochter“, sagte sie vor sich hin. „In der Früh noch schnell die Schüssel nach fauligen Erdbeeren absuchen und dann alles stehen und liegen lassen, weil man mal wieder zu spät dran ist.“ Sie begutachtete Zindys Erdbeerreihen. „Aber warum dreizehn, nein, vierzehn Stück in eine Reihe legen? Verstehe einer dieses Kind.“ Kopfschüttelnd legte sie die Früchte in die Schüssel zurück. Sie goss Kishas Blumen, nahm sich zur Belohnung ein paar Erdbeeren und hinterließ ihrer Tochter einen Zettel:
„Deine Blumen gegossen. Drei Erdbeeren genascht. Die übrigen wieder in die Schüssel gelegt. Gruß von Deiner Mama.“
Zindy kombinierte derweil angestrengt auf ihrem Sofakissen. Nach zwölf kam also dreizehn und dann vierzehn. Dreizehn hatte sie eh schon scharf ihm Verdacht gehabt und vierzehn war eine mehr als praktische Zahl. Die konnte sie sich super merken. Schließlich hatte sie ja vier Zehen.
Ihr Anfangsproblem war damit allerdings immer noch nicht gelöst.
Wahrscheinlich hätte sie etwas mehr als sechs Erdbeerreihen zusammen bekommen. Das wären dann sechsundvierzehnzig plus eine oder zwei Erdbeere gewesen. Waren das jetzt fünf Dutzend?
Sie war sich gar nicht sicher, aber die Erdbeeren waren so herrlich rot und dufteten verlockend. Kisha hätte ihr bestimmt eine abgegeben. Und Mama Kathrin hatte ja auch drei genommen. Damit wäre sie dann nicht alleine schuld, wenn es heute Abend ein paar zu wenig wären. Außerdem hatte sie sich die redlich verdient. Sie kannte jetzt schließlich zwei neue Zahlen und das war für einen Stoff-Orang-Utan schon eine ganze Menge.
Mit sich zufrieden suchte sie sich eine besonders schöne Erdbeere aus und setzte sich damit wieder auf ihr Sofakissen. Während sie die Erdbeere genüsslich verspeiste, wackelte sie abwechselnd mal mit dem linken, mal mit dem rechten Fuß.
Drei Zehen. Vier Zehen. 

 

 


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