Zindy forever
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Zindy und das Lesen und Schreiben


Wenn Zindy der Besuch in der Apotheke eines gezeigt hatte, dann dass sie noch einiges lernen musste. Und dazu gehörte vielleicht auch das Lesen und Schreiben.
Wenn Mama Kathrin nicht bemerkt hätte, dass eines der Pulverpäckchen falsch einsortiert gewesen war, sie hätte es nicht erkannt. Wer weiß, was dann passiert wäre? Jemand hätte statt einer Creme gegen Pickel eine Faltencreme bekommen. Oder noch viel schlimmer: Ihm wäre ein drittes Ohr gewachsen. Pickel in neuen Falten neben einem zusätzlichen Ohr - bei der Vorstellung schüttelte es den kleinen Stoff-Orang-Utan.
Lesen war für Zindy bisher nicht wichtig gewesen. Sie lebte auf Sicht. Klar, in der Stofftierfabrik war auch Lesen und Schreiben ein Thema gewesen. Aber Zindy hatte dabei wie sonst auch meist rumgealbert und die von anderen sorgfältig in den staubigen Boden gemalten Buchstaben einfach weggewischt. Davon abgesehen war sie dort viel zu kurz gewesen um es richtig zu lernen. Nur wer ewig da blieb wie Was-auch-immer, der konnte es natürlich perfekt.
Aber sie?
Sie erkannte ein „O“ und ein „I“ und sie wusste, dass ihr Name mit einem „Z“ begann. Wie das aussah hatte sie aber vergessen. Und jetzt? Wo sollte sie es nur lernen? Schließlich gab es mehr Buchstaben als sie zählen konnte. Aber dafür gab es ja das Alphabet. Das sammelte alle Buchstaben ein, sperrte sie zusammen und baute dann Wörter aus ihnen. Meistens geschah das in einer Schule. Nur konnte sie da nicht hin. Kisha ging längst zur Arbeit und selbst Niklas beherrschte schon alle Buchstaben.
Gerome war ihr keine große Hilfe, obwohl er immerhin ein „G“ malen konnte. Zindy seufzte schwer auf ihrem Sofakissen. Was tun? Weiter überlegen oder sich einen Keks holen?
Ein Geräusch von draußen ließ sie aufhorchen. Durch das offenstehende Wohnzimmerfenster drangen die Stimmen von ein paar Kindern zu ihr herauf. Sie spielten wohl im Nachbargarten. Der kleine Stoff-Orang-Utan hörte etwas von „A wie Affe“ und zehnmal schreiben und ihr war sofort klar: Die Kinder spielten Schule.
Das konnte ihre Chance sein!
Fensterbrett, Regenrinne, Terrasse – der Weg nach unten war Zindy schon vertraut. Einmal dort hielt sie sich nach links. Hier stand der Geräteschuppen, der ihr jetzt nicht nur viel Tarnung bot, sondern von dessen Dach aus das Stoff-Orang-Utan-Mädchen auch hervorragend in den Garten mit den spielenden Kindern sehen konnte.
Es waren insgesamt vier Kinder, drei in etwa gleichaltrige Mädchen und ein etwas jüngerer Junge, der sich bestimmt einfach ohne zu Fragen an seine ältere Schwester gehängt hatte. Die dürfte wohl die Lehrerin spielen. Während die anderen drei auf Gartenstühlen um einen Tisch saßen, stand sie vor einer Tafel und deutete mit einem langen Stecken auf diesen oder jenen Buchstaben an der Tafel. Offensichtlich hatte sie das ganze Alphabet auf die Tafel geschrieben, denn die war sehr voll. Kam ein neuer Buchstabe dran, mussten sich die Schüler brav melden und dann so etwas wie „I wie Igel“ oder „Q wie Qualle“ sagen. Danach schrieben alle bis auf den Jungen fleißig in die vor ihnen liegenden Hefte. Der jammerte nur, dass er doch noch nicht schreiben könne. Die Mädchen hatten allerdings kein Mitleid. Wer mitspielen wollte, musste auch schreiben. Nicht nur zu seiner Erleichterung malte die Frau Lehrerin den Buchstaben, um den es gerade ging, nochmals langsam an der Tafel vor. So konnte es nicht nur er mehr schlecht als recht versuchen, sondern auch Zindy auf ihrem Schuppendach hatte die Gelegenheit zu üben und den Buchstaben mit Hilfe eines abgebrochenen Pflanzstabs in den Schmutz des Daches nachzumalen. Manche wurden etwas abenteuerlich, aber das sah die Lehrerin ja nicht.
Ein „O wie Otter“ gelang ihr noch ganz gut. Das „S wie Schlange“ sah schon sehr verwegen aus und beim „R wie Rabe“ brauchte man sehr viel Fantasie.
Die Kinder waren wohl schon etwas länger in der Gartenschule. Besonders der Junge zappelte auf seinem Stuhl hin und her. „Ist bald Pause?“ fragte er.
„Wir melden uns, bevor wir sprechen“, korrigierte ihn die Lehrerin. „Inzwischen kannst du dir etwas Obst nehmen.“
Auf dem Tisch stand ein Teller mit mehreren geschnittenen Äpfeln. Den hatte Zindy in ihrem Eifer ganz übersehen. Viel zu sehr war sie mit ihrem dritten „R“ beschäftigt, das eher wie ein verunglücktes „D“ aussah.
„Ich will aber Pause“, maulte der Junge.
„Wir haben noch drei Buchstaben.“ Die Lehrerin ließ sich nicht beirren. Sie wollte noch etwas weitermachen, denn nach der Pause würde jemand anderes die Lehrerin spielen dürfen. „Z wie?“ schaute sie fragend in die Runde.
Unten im Garten wurde Zebra und Zoo vorgeschlagen. Oben auf dem Dach war es sowieso klar. „Z wie Zindy“ – was sonst.
Da sich der Junge bei diesem Buchstaben sehr ungeschickt anstellte, schrieb ihn die Lehrerin zu Zindys Glück mehrmals langsam und genau vor. Der Junge stöhnte, aber der kleine Stoff-Orang-Utan war mit Feuereifer dabei.
Die Zunge vor Anstrengung schräg im Mundwinkel machte sie erst einen Strich von links nach rechts, dann irgendwie schräg nach unten, wieder von links nach rechts und schließlich einen kurzen Strich irgendwo in der Mitte. So entstand zunächst ein „Z“, gefolgt von einem zweiten und dritten. Unten war man bereits beim nächsten Buchstaben, aber oben auf dem Dach war Zindy mit ihrem „Z“ so glücklich, dass sie schrieb und schrieb und schrieb und dabei beinahe die Pause verpasst hätte.
Eine Frau kam auf die Terrasse und rief „Eis ist fertig!“, worauf die vier Kinder kurz im Haus verschwanden. Zindy nutzte die Gelegenheit um sich schnell zwei Apfelstücke zu holen.
Nach der Pause fing eine neue Lehrerin mit dem Plusrechnen an. Zindy, die mit ihren Apfelschnitzen noch nicht ganz fertig war, verlängerte kurzerhand ihre Pause. Sie setzte sich an den Rand des Daches, ließ die Beine baumeln, lutschte an ihrem zweiten Apfelstück und sah dabei den Kindern beim Rechnen zu.
„Vier plus zwei“ und „drei plus fünf“ waren für sie kein Problem. Sie wandte sich lieber wieder ihren Schreibübungen zu. Um den Buchstaben nicht mehr zu vergessen, schrieb sie sicherheitshalber noch ein letztes „Z“ und beendete dann ihren Schulunterricht. Das Wichtigste für heute hatte sie schließlich gelernt.
Eine Woche später sollte mal wieder ein Päckchen von Kisha aus Bayern an Stefanie nach Berlin gehen. Das geschah relativ regelmäßig. Geburtstagsgeschenke, selbstgebastelte Adventskalender und Weihnachtsplätzchen gingen so hin und her, dazu Kochrezepte, Zeitungsartikel, Bücher, T-Shirts und vieles mehr, was man irgendwo für die andere fand.
Noch war das Päckchen offen und das kam Zindy sehr entgegen. Sie hatte nämlich in einem Informationsprospekt für einen in der Nähe befindlichen Zoo ein paar Tierkärtchen entdeckt. Das war doch etwas für Heiner.
Vorne auf den Kärtchen war jeweils ein Bild des Tieres gedruckt worden und auf der Rückseite stand alles Mögliche zu ihm drauf. Wie groß es war? Wo es herkam? Was es am liebsten aß? Eigentlich waren die Kärtchen zum Quartett spielen für Kinder gedacht. Zindy fand sie einfach nur schön.
Da bei den Affen nur ein grimmig dreinblickender Gorilla dabei war, wählte das kleine Stoff-Orang-Utan-Mädchen ein Kärtchen mit einem niedlichen Pinguin aus. Was zu ihm geschrieben stand, blieb Zindy verborgen, aber Heiner konnte es ja auch nicht lesen.
Mit viel Liebe malte sie mit einem Filzstift ein tolles „Z“ auf das Kärtchen. So wusste Heiner gleich, dass es von ihr war.
Und wenn das Faultier ganz viel Glück hatte, würde Stefanie ihm den Text auf der Rückseite des Kärtchens vielleicht sogar laut vorlesen.


Lies gleich weiter: "Zindy und die Wahl zur Miss Stofftier"