Zindy forever
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Zindy im Supermarkt


Zindy hatte sich nie gefragt, woher die ganzen Leckereien kamen, die es immer bei Kisha gab. Obst wie Bananen und Äpfel standen eigentlich rund um die Uhr zur Verfügung und über die wöchentlich wechselnde Auswahl an Keksen, Schokolade oder Chips konnte sie nicht klagen. Je nach Saison wurde das Angebot um Erdbeeren, Kirschen oder Mandarinen erweitert. Dazu gab es zu besonderen Anlässen obendrein Plätzchen, Kuchen und Torten oder Muffins.
Der kleine Stoff-Orang-Utan war natürlich nicht dumm und wusste, dass das meiste davon aus den Supermärkten der Umgebung stammte. Wie so ein Supermarkt von innen aussah kannte sie zur Genüge aus dem Fernsehen, aber in echt war sie noch nie in einem gewesen.
Heute nun war ein verregneter Tag. Schon seit dem Aufwachen hörte Zindy dicke, schwere Tropfen gegen die Fensterscheiben prasseln und nachdem sie dreimal vierzig acht elf Stück gezählt hatte, war ihr fürchterlich langweilig.
Kisha war zu Hause. Deshalb konnte sich Zindy nicht frei in der Wohnung bewegen, sondern war quasi an ihr Sofakissen gefesselt und durfte von dort wahlweise die weiße Decke oder den nicht eingeschalteten Fernseher anstarren.
Zumindest so lange bis es an der Tür klopfte und Mama Kathrin hereinkam.
„Ich fahre zum Supermarkt“, teilte sie ihrer Tochter mit. „Brauchst du irgendwas?“
Kisha, die im Wohnzimmer reichlich lustlos etwas Staub gewischt hatte, blickte zu ihrer Mutter. „Ja, Milch und Eier und vielleicht etwas Wurst.“ Kaum ausgesprochen warf sie ihren Staubwedel auf die Kommode. „Ach, weißt du was, Mama? Putzen kann ich auch noch später. Ich komme mit! In fünf Minuten bin ich unten am Auto.“
Während ihre Mutter freudig lächelnd Kishas Wohnung wieder verließ, verschwand die in der Küche und kam mit ihrem Einkaufskorb samt Geldbeutel, Stofftasche und zwei Netzen für das Obst zurück. Der Korb wurde kurz auf dem Wohnzimmertisch geparkt. Kisha selbst ging in ihr Schlafzimmer. Die kurze Zeit, die sie dort brauchte um die passende Jacke auszusuchen, nutzte Zindy um es sich im Korb gemütlich zu machen.
Hier in der Wohnung wurde man bei dem Wetter ja noch depressiv. Aber in so einem Supermarkt war doch immer einiges los: Viele Menschen, viel zu sehen und bestimmt roch es in manchen Abteilungen auch extrem verlockend. Gerome zog es vor sich auf seinem Kissen auf die andere Seite zu rollen und die Sofalehne zu betrachten bis ihm wieder die Augen zufielen. Sie jedoch war hellwach und für ein Abenteuer bereit.
„Aufgepasst, Supermarkt, ich komme“, signalisierten denn auch ihre Augen.
Zu Zindys Glück parkte Mama Kathrin das Auto in der Tiefgarage. So kam sie trockenen Fells über den Aufzug in den Laden hinein und da ging es für das kleine Stoff-Orang-Utan-Mädchen bereits mit der Aufregung los.
Ein Einkaufswagen musste ausgewählt werden und das war gar nicht so einfach. Es gab welche für Kisten, welche für den kleinen, mittleren und großen Einkauf und die mit oder ohne Kindersitz und sogar richtig kleine für Kinder. Zindy hätte den rot-gelben Wagen in Kindergröße genommen. Mama Kathrin und Kisha aber entschieden sich für zwei der mittleren Modelle und kaum dass die Einkaufskörbe in ihnen standen, schob Zindy auch schon ihren Kopf zwischen Stofftasche und Obstnetzen heraus. Schließlich wollte sie ja nichts verpassen.
Die Bäckereiecke im Eingangsbereich links ließen sie – obwohl es von dort himmlisch duftete – ebenso wie den freundlich lächelnden Herrn auf der anderen Seite mit seinen Mitgliedschaften in irgendeinem Fitnessstudio unbeachtet. Stattdessen schoben sie die Wagen direkt durch die automatische auf- und zugehende Schranke, bogen leicht nach links ab und Zindy wähnte sich im Paradies.
Obst und Gemüse so weit der kleine Affe sehen konnte. Rundes, längliches, ovales oder lustig gebogenes. Oranges, weißes, violettes, braunes, sonderbar bläuliches, gelbes und vor allem rotes und grünes. Das meiste davon kannte Zindy und es sah so lecker aus, dass sie am liebsten gleich hineingebissen hätte.
Zindys Näschen zuckte beim Schnuppern. Sie versuchte eifrig alle Geruche einzusaugen um sie später an Gerome hinzuatmen. Er sollte schließlich auch von ihrem Ausflug profitieren.
Mama Kathrin und Kisha entschieden sich für einen Blumenkohl, Paprika, Karotten, Trauben, Äpfel und fünf Bananen. Als die beiden danach mit den Wassermelonen beschäftigt waren, schmuggelte Zindy kurzerhand noch eine sechste und siebte dazu, denn Bananen konnte man ja nie genug haben. Und weil Gerome sie so gerne mochte, kam auch noch eine Kiwi dazu.
Der Supermarkt war heute besonders gut besucht. Dass lag nicht nur am schlechten Wetter, war doch großer Aktionstag in dem Geschäft. Alle paar Meter gab es etwas zu bestaunen oder zu probieren. Fast von selbst reinigende Putztücher. Kaffeemaschinen, die zehn verschiedene Kaffeespezialitäten zubereiten konnten. Selbstredend konnte man die alle testen. Smoothies und Wein, Wassermixgetränke und exotische Teesorten. Schokolade, Aufbackbrötchen und Dips von „Ach wie langweilig!“ bis „Oh Mann ist das scharf!“.
Wie die meisten machten auch Kisha und Mama Kathrin regen Gebrauch und futterten sich von Stand zu Stand, was für Zindy geradezu perfekt war. So war es für sie nämlich ein leichtes den Einkaufswagen unbemerkt zu verlassen und über die obersten Regalbretter, an Schnüren herabhängenden Plakaten und wildverlegten Deckenkabeln kreuz und quer durch den Supermarkt zu schwingen.
Das war auch bitter nötig, denn nur so fanden Geleebananen, Schokopuddingpulver und ein 2er Pack WC-Papier, dreilagig, mit Aprikosenduft ihren Weg in Kishas Wagen. Ohne sie hätte die diese Dinge doch glatt vergessen.
Und da sie schon einmal dabei war, half sie auch gleich anderen Familien beim Einkaufen.
Hier ein Schuppenshampoo für den älteren Herrn mit der Glatze, da einen linken Schuh in Größe 45 für die zierliche Frau und einer vierköpfigen Familie, die sich einfach nicht einigen konnte, welche Schokoladensorte es denn nun sein sollte, eine kleine Packung mit Büroklammern. Von denen konnte man nämlich nie genug haben.
Der kleine Stoff-Orang-Utan überlegte gerade, ob er sich an der Käsetheke ein Stück Stinkekäse gönnen sollte als sie die Pyramide entdeckte, die jemand auf der Freifläche neben den Tiefkühlpizzas aufgetürmt hatte.
Fast bis unter die Decke standen da Gemüsedosen in Form einer viereckigen Pyramide aufeinander gestapelt. Ein lächerlich dünnes Absperrband sollte die Menschen von ihr fernhalten. Ein Tisch mit einer Box und einem Aufsteller erklärte jedem, dass das Ganze ein Gewinnspiel war. Man sollte die Anzahl der Dosen schätzen. Das war gar nicht so einfach, denn man konnte ja nicht alle sehen. Dem besten Schätzer winkte dann ein toller Preis.
Zindy gähnte gelangweilt. Sie hatte gleich erkannt, dass es exakt zwanzig zwei elf Dosen waren, aber was bitte sollte sie mit einem signierten Fußball anfangen?
Jemand anderes hatte da deutlich mehr Interesse.
Es war Zindys alter Freund, der ziemlich dumm dreinblickende Junge und er schlich in immer kleiner werdenden Bögen um die Pyramide herum und zählte dabei eifrig.
„Es ist eine Schätzfrage“, meinte sein Vater, „und geh nicht zu nah ran!“
Wie nicht anders zu erwarten interessierte den das überhaupt nicht. Er hing mit dem Oberkörper über dem Band und war im Begriff mit dem rechten Zeigefinger beinahe eine der Dosen anzustupsen. Mehr als ein Zentimeter fehlte bestimmt nicht mehr.
„Ich glaube, die habe ich noch nicht“, murmelte er und streckte den Finger noch etwas weiter vor.
„Nein!“ rief sein Vater noch, doch es war bereits zu spät.
Der ziemlich dumm dreinblickende Junge verschob die Maisdose nur ganz wenig. Das jedoch genügte um das ganze Gebilde zum Einsturz zu bringen. Gleich einem Kartenhaus fiel sie in Sekunden zusammen und die Dosen kullerten unkontrolliert kreuz und quer durch den halben Laden.
Mehrere Menschen sprangen zur Seite und eine Seniorin warf vor Schreck eine Schachtel mit zehn rohen Eiern in einen fremden Einkaufswagen, wo die zerplatzten und ihr Inhalt sich über diverse Artikel verteilte und diese ruinierte.
„Ups“, sagte der ziemlich dumm dreinblickende Junge.
Ein paar Einkäufer grinsten. Andere schüttelten den Kopf und ein Mädchen jammerte „Aber jetzt kann ich die Dosen ja gar nicht mehr zählen. Das ist Betrug!“
Wie aus dem Nichts erschien der Marktleiter und schnappte sich Vater und Sohn.
Zindy hätte gern gehört, ob der ziemlich dumm dreinblickende Junge die richtige Dosenzahl nennen konnte. Doch die drei verschwanden blöderweise im nahen Büro.
Wahrscheinlich bekam der Junge drinnen etwas Ärger, mutmaßte der kleine Stoff-Orang-Utan und fand das zu seinem eigenen Erstaunen etwas Schade. Zindy hatte die Aktion eigentlich recht lustig gefunden. Bestimmt tauchte die letzte Dose erst in einer Woche an der Käsetheke auf.
Dann sah sie sich nach Kisha und Mama Kathrin um. Die steuerten mittlerweile bereits zielstrebig die Kasse an. Einen letzten Probiersnack gönnten sich die beiden aber doch noch. Das nutzte Zindy um in den Einkaufskorb zurückzukehren.
Kisha entdeckte sie dort als sie ihre Einkäufe verstaute. „Darum also die Geleebananen“, grinste sie Zindy an und deutete mit dem Finger auf ihre Mutter. Dann zwinkerte sie dem kleinen Stoff-Orang-Utan zu. „Das bleibt aber unser Geheimnis.“



Lies gleich weiter: "Zindy in Paris, Teil 1"