Zindy forever
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Zindy möchte auch einen Nachnamen haben

 

Zindy war heute etwas traurig.
Nein, das Wetter hatte nicht Schuld, auch wenn es schon seit dem frühen Morgen in einer Tour regnete. Sie war heute einfach nur etwas traurig. Mit einem Seufzer ließ sie sich langsam zur Seite kippen.
Kisha kam gerade aus dem Bad zurück und wollte ins Schlafzimmer als ihr Blick auf den orangen Stoffaffen fiel. „Na, mein kleiner Orang-Utan, was hast Du?“ Die junge Frau fand, daß der Stoffaffe heute irgendwie traurig wirkte. „Keine Angst, der Regen ist draußen und bleibt draußen.“ Sie nahm Zindy kurz in die Hand und setzte sie dann aufrecht aufs Sofa. „Wenn das Mama sehen würde“, sagte sie lachend. „Die hält mich sowieso schon für etwas verrückt.“ Kisha verschwand im Schlafzimmer.
Zindy seufzte erneut. Wieder ließ sie sich zur Seite kippen. Und da lag sie dann mit ihrem Problem.
Kisha hieß eigentlich Kisha Charlotte Knirps und sie war Zindys Mensch. Sie wohnte im Dachgeschoß ihres Elternhauses. Die beiden anderen Stockwerke unter ihr bewohnten ihre Eltern, Daniel und Kathrin Knirps, und Niklas Knirps, ihr Bruder. Dann gab es eine Einliegerwohnung, in die Oma Charlotte vor ein paar Jahren gezogen war. Am Türschild stand „Charlotte Malm“.
Sogar die beiden haarigen Monster – so nannte Zindy die beiden Hunde, die ebenfalls zum Haushalt gehörten – hatten einen. Der schwarze Shiba hörte auf den Namen Snape Little Swift und der weiße Terrier war sogar adelig wie Oma Charlotte immer sagte. „Whoopi, Whoopi vom Mädlesstein.“
Sie war die einzige, die keinen hatte. Keinen Nachnamen. Sie hieß einfach nur Zindy.
Und deshalb war sie heute etwas traurig. Etwas ziemlich traurig.
Kisha würde gleich zur Arbeit gehen. Um sich etwas abzulenken beschloss Zindy daher das Treppengeländer runterzurutschen und vom Telefonkästchen im Flur aus den Rest der Familie zu beobachten. Man hatte nämlich von dort aus einen hervorragenden Blick auf Küche und Wohnzimmer.
Niklas machte seinen Eltern gerade eine Ankündigung. „Nichda blödes Referat Jonas auch oh Mann schon morgen Abendessen“, brachte er zwischen zwei Löffeln Müsli raus. „Okay?“
Sein Vater verstand nur Bahnhof. „Geht das auch mit leerem Mund?“
„Mmh. Ja.“ Niklas schluckte hastig den letzten Bissen runter. „Ich bin zum Mittagessen nicht da. Wir müssen nach der Schule noch dieses blöde Referat fertig machen. Bei Philipp. Jonas ist auch da. Oh Mann. Abgabe ist schon morgen. Pünktlich zum Abendessen bin ich wieder da. Versprochen.“
„Philipp? Jonas? Haben die auch Nachnamen?“ fragte seine Mutter. „Das letzte Mal musste ich drei Raffael abtelefonieren bis ich beim richtigen war.“
Zindy horchte auf. Kein Nachname? Doch die Ernüchterung folgte sogleich.
„Philipp Bauer. Sein Vater ist unser Fußballtrainer.“
Wieder nichts, seufzte Zindy und lehnte sich gegen das Telefon. Selbst das hatte einen Nachnamen. „Fritz Fon“ stand über dem Display.
Lustlos verbummelte Zindy den Tag. Egal wohin sie sah, sah sie nur noch Nachnamen. Schmid mit „d“. Schmid mit „dt“. Oder „tt“. Oder „ie“. Und bei „Meier“ war es auch nicht besser. Das einzige, was außer ihr keinen Nachnamen hatte, waren wohl die dämlichen Topfpflanzen.
Schließlich kam Kisha aus der Bank zurück. Gemeinsam zappten sich die beiden durchs Vorabendprogramm. Klar, daß auch das mit Nachnamen nur so vollgestopft war.
Im Ersten erklärte eine Adelsexpertin den vollständigen Namen der englischen Königin. Im Zweiten jagte die Polizei in einer Krimiserie einen gewissen Müller. Offensichtlich hatte der nur einen Nachnamen. Und auf einem Sender war dann noch Uta-Gabriele Spitzentobler-Entenmacher. Wer die war und was die wollte vergaß Zindy augenblicklich. Nur der Name blieb haften.
Wohl auch bei Kisha. „Als ob Uta-Gabriele nicht schon schlimm genug wäre“, sagte sie vor sich hin. „Muss man dann auch noch einen Doppelnamen wählen? Spitzentobler-Entenmacher. Das ist kein Name. Das ist eine Strafe. Wer nicht brav ist, muss zehnmal ganz schnell und fehlerfrei Uta-Gabriele Spitzentobler-Entenmacher sagen.“
„Wer muss was?“ Niklas kam - wie immer - ohne Anzuklopfen in Kishas Wohnung und schmiss sich aufs Sofa. „Unsere Eltern spinnen schon wieder“, meinte er zu Kisha. „Nur weil ich mal eine halbe Stunde zu spät bin machen die gleich einen Aufstand.“ Er nahm die Fernbedienung und schaltete einfach um. „Und wieso läuft hier nicht das Fußballspiel? Du wirst doch nicht wie Mama diese Serie anschauen wollen.“
Mal zu spät ist wohl etwas untertrieben und doch, wollte Kisha sagen, ließ es aber. „Vielleicht noch ein Getränk für den Herrn?“
„Ja, gerne. Und wenn du Chips hast, nur her damit.“ Niklas entdeckte Zindy auf einem der Sofakissen und setzte sie sich auf den Bauch. „Das Teil ist ja immer noch da.“ Er packte Zindys Arme und ließ sie einen Salto rückwärts machen.
„Hey! Tue ihr nicht weh!“ rief Kisha aus der Küche.
Niklas ließ Zindy einen doppelten Salto schlagen. „Die wird schon nicht gleich kaputt gehen.“
Das nicht, dachte Zindy. Aber noch zwei Umdrehungen und mir wird schlecht.
Doch Niklas kannte kein Erbarmen. Er warf sie hoch. Er ließ sie Purzelbäume und weitere Saltos schlagen. Letztendlich rettete sie nur der Anpfiff des Fußballspiels.
Er setzte sich die unter ihrem Fell vor Übelkeit grüngraue Zindy wieder auf seinen Bauch. „Ich glaube, sie interessiert sich für Fußball.“
Fußball war Zindy im Moment völlig egal. Sie versuchte ihren rebellierenden Magen zu beruhigen. Schwingen war das eine, aber dieses unkoordinierte Herumgedrehe war sogar für den stärksten Stoffaffen zu viel.
Kisha kam mit einer Chipstüte und zwei Gläsern aus der Küche zurück und setzte sich neben ihren Bruder aufs Sofa. „Kann ich jetzt Zindy wieder bekommen?“
„Du und Dein Affe.“ Er ließ den kleinen Orang-Utan langsam zu seiner Schwester hüpfen. „Zindy und Kisha für immer und ewig.“ Er stupste Zindy sanft in den Bauch. „Na, Zindy forever!“
Sie hätte fast losgekichert. Am Bauch war sie unheimlich kitzelig. Dann traf es sie wie ein Blitz.
Forever? Das war ja wohl der abgefahrenste Nachname überhaupt. Gerade noch hatte sie Niklas für einen Idioten gehalten, aber das jetzt war megaaffenstark.
Zindys Magen beruhigte sich von Minute zu Minute. Nur noch ein wenig warten. Dann konnte sie es riskieren an einem Stückchen Chips zu knabbern. So wie die Geschwister nämlich die Tüte leerten fielen genug Brösel für sie ab.
Kisha und Niklas konzentrierten sich inzwischen längst auf das Spiel und schenkten ihr keine größere Beachtung mehr. Der kleine Stoff-Orang-Utan nahm sich deshalb erst einen kleinen Krümel und dann noch einen Krümel und dann noch einen größeren.
Und während sich die Geschwister über das erste Tor für ihre Mannschaft freuten, lag sie selig auf der Sofalehne, den Bauch voller Chips und konnte dabei nur eines denken: Lass andere ruhig „von der Blumenwiese“ oder „Schmitz mit tz“ heißen.
Sie war Zindy. Zindy Forever.



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