Zindy forever
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Zindy geht ins Rockkonzert

 

Mann, war das aufregend. So viele Lichter hatte Zindy noch nie gesehen. Manche konnten die Farbe wechseln. Manche erzeugten einen langen Lichtstrahl und manche konnten sich drehen. Etwa ein Dutzend davon standen am Boden, alle anderen hingen ganz hoch unter der Decke an Metallgerüsten. Und da oben konnte man bestimmt prima schwingen.
Aber beginnen wir von vorn. Also vor acht Stunden. Oder um ganz genau zu sein letztes Weihnachten.
Mit den Worten „Du bist die Beste!“ war Kisha ihrer Oma damals um den Hals gefallen nachdem sie das kleine Kuvert geöffnet hatte. „Zwei Karten für die Wild-Jungle-Tour. Ich muss gleich Nina anrufen.“
Nina war Kishas Busenfreundin und genauso wie diese begeistert von einer neuen Rockband. Die gaben demnächst ein paar Konzerte in Deutschland und sie würden dabei sein.
„Vernünftiger Musikgeschmack muss gefördert werden!“ hatte Oma Charlotte der ans Telefon stürmenden Kisha hinterher gerufen. „Ihn kannst du ja leider nicht mehr sehen, aber wenigstens stehst du nicht auf dieses Volksmusikgedudel.“
Mit „Ihn“ meinte Oma Charlotte eine der drei großen Lieben ihres Lebens. Das war neben Opa Richard und König Ludwig II. der Musiker David Bowie. Von dessen 1972er Tour schwärmte sie noch heute.
Und jetzt war es endlich soweit. Zindy war beinahe aufgeregter als die Freundinnen. Es würde schließlich ihr allererstes Rockkonzert werden und dann auch noch was mit Dschungel. Das konnte nur toll werden!
Kisha und Nina hatten für das Konzert extra freigenommen. Den Vormittag hatten sie damit zugebracht einen von Oma Charlotte gespendeten Kopfkissenbezug mit einer Fanbotschaft zu versehen. Wild schnatternd wie zwei verrückte Hühner waren sie dabei zum letzten Album der Band durch Kishas Wohnung getanzt. Zindy war nicht schlimmer, wenn sie eine ganze Schokobanane für sich hatte. Drei Outfitchecks später waren die Freundinnen zur Abfahrt bereit gewesen.
In Kishas Rucksack zwischen Karte und Kissenbezug war Zindy noch heimlich gekommen, in die Halle nicht.
„Wieder so eine, die ein Stofftier auf die Bühne wirft“, meinte der Ordner an Einlass zu seinem Kollegen nach dem Blick in den Rucksack. „Na, wenigstens passt ein Affe zur Jungle-Tour.“
Kisha verschwendete keine Sekunde mit dem Ordner. Sie packte Rucksack samt Zindy und rannte so schnell sie konnte hinter Nina in die Halle. Treppen oder Kurven konnten sie nicht aufhalten. Sie bremste nicht einmal ab als sie im Innenraum angekommen war. Erst als Nina und sie zwei perfekte Stehplätze in der ersten Reihe gefunden hatten, waren sie zufrieden. Breit grinsend richteten sie sich nur wenige Meter von der Bühne entfernt ein. Der Kissenbezug wurde am Absperrgitter befestigt und der Rucksack daneben festgebunden.
„Ich weiß nicht wie Zindy das macht, daß sie in letzter Zeit überall dabei ist“, wunderte sich Kisha nur kurz. Egal. Sollte der Stoffaffe doch Spaß haben. Sie stopfte ihren Pullover in den Rucksack und bettete Zindy darauf. „Bleib brav da drin und genieße das Konzert, Zindy!“ murmelte sie geistesabwesend. Dann vergaß sie den Stoff-Orang-Utan bis zum Ende des Konzerts.
Zindy hatte zunächst auch vorgehabt folgsam im Rucksack zu bleiben. Kishas Pullover war kuschelig weich und hören konnte sie hier alles. Irgendwann siegte dann aber doch ihre Neugier. Zunächst hob sie nur vorsichtig den Kopf und schielte durch den halboffenen Rucksack nach draußen. Niemand beachtete sie. Alle starrten vielmehr gebannt zur Bühne, denn soeben kündeten die ersten Gitarrenklänge den Beginn des Konzerts an. Noch immer wagte Zindy es nicht sich zu bewegen. Erst als eine Stimme erklang und alles zu klatschen, brüllen und pfeifen begann, hielt es auch Zindy nicht mehr im Rucksack. Sie streckte ihren Kopf erst halb, dann ganz heraus und blickte nach vorn. Den Mund vor Erstaunen weit offen blinzelte sie gleich zweimal, doch alles war noch da.
Das Bühnenbild stellte eine Dschungellichtung nach. Gewaltige Bäume säumten den Hintergrund. Links versteckte sich ein Tiger im Dickicht. Das Schlagzeug stand etwas erhöht in einem Baumhaus und es gab mehrere Lianen. Während alle anderen Mitglieder der Band bereits auf der Bühne waren, fehlte vom Sänger noch jede Spur. Ein schriller Schrei von der Hallendecke ließ alle nach oben sehen. Dort inmitten der Scheinwerfer saß der Sänger und sah auf die aufgeputschte Menge hinunter. Das Eröffnungslied – eine gefühlvolle Rockballade – stimmte er oben an. Danach schwang er sich an einer Liane runter auf die Bühne. Was folgte war eine neunzigminütige Party, die alle mitriss. Selbst ein Orang-Utan-Mädchen.
Allen Stofftierregeln zuwider hielt auch sie nichts mehr. Es interessierte aber auch niemanden, daß sie aus dem Rucksack auf den Boden sprang, rüber zur Bühne huschte und dann an einem Kabelstrang bis unter die Hallendecke kletterte. Hier oben in luftiger Höhe hatte sie alles im Blick.
Gut acht Meter unter ihr sprintete der Sänger über die Bühne. Vor, zurück, nach links, nach rechts heizte er der Menge ein und die folgte ihm bedingungslos. Zindy entdeckte Kisha und Nina in der ersten Reihe. So ausgelassen hatte sie die Freundinnen noch nie gesehen. Sie schrien, hüpften und klatschten gleichzeitig und als der Gitarrist auf ihren beschrifteten Kissenbezug deutete fielen sich die beiden kreischend in die Arme.
Doch auch Zindy hatte ihren Spaß. Das Metallgestänge erwies sich als idealer Turnplatz für sie. Überall gab es Möglichkeiten sich einzuhängen um kreuz und quer über die Bühne zu schwingen. Auf den Stangen konnte man hervorragend tanzen und Purzelbäume oder Räder schlagen. Sie schwang sich an der einen Liane runter und an der anderen wieder hoch. Mal trippelte sie im hinteren Teil der Bühne parallel zum Bassisten und spielte dabei Luftgitarre. Mal imitierte sie den Schlagzeuger und trommelte dessen Solo auf einem Gitarrenkoffer mit. Und mal setzte sie sich einfach oben zwischen die farbigen Lampen und ließ ihr Fell im Wechsel der Scheinwerferbeleuchtung rot, grün und violett erstrahlen. Selbst wenn sie jemand dort oben entdeckt hätte, hätte er wahrscheinlich zweimal gezwinkert und sich dann gefreut, daß er ein absolut abgefahrenes Detail der Bühnenshow entdeckt hatte.
Als Zindy zum x-ten Mal über die Scheinwerferaufhängung schlitterte fiel ihr Blick auf etwas, das sie bisher völlig übersehen hatte.
Nur wenige Meter hinter der Bühne war ein kleiner abgetrennter Bereich für die Musiker eingerichtet worden. Neben bequemen Sesseln, Handtüchern und Kleidung zum Wechseln stand da ein Tisch mit kleinen Snacks, geschnittenem Obst und verschiedenen Getränken. Und das Ganze im Augenblick völlig unbewacht. Wie hatte sie das nur übersehen können? Keine zehn Sekunden später war sie unten und inspizierte den Tisch.
Da gab es geschälte Orangen und in kleine Stücke geschnittene Äpfel, Bananen, Trauben und sogar ein paar Erdbeeren. Sie entdeckte Schokoriegel und Salzbrezeln und Schnittchen mit Wurst, Käse oder Lachs. Neben Wasser und diversen Softdrinks standen zwei Kannen und aus einer duftete es köstlich nach Pfefferminztee.
Zindy checkte nochmals die Lage. Weit und breit war niemand zu sehen. Sie wollte jedoch ihr Glück nicht überstrapazieren. So nahm sie sich nur ein paar Schluck Tee, knabberte kurz an einem Schokoriegel und zog sich dann mit einer Bananenscheibe hinter einen großen Kasten am Bühnenrand zurück. Gerade wollte sie ihren ersten Bissen nehmen, da machte es „Bumm, Bumm, Bumm“ und mit jedem Bumm hob es sie kurz an und beförderte sie ein bis zwei Zentimeter von dem Kasten weg. Der Kasten war nämlich nichts anderes als eine der großen Bassboxen und jeder Ton war verbunden mit einer kleinen Druckwelle. Nachdem sie zunächst etwas erschrocken war fand Zindy die Hüpfer eigentlich ganz lustig, zumal es dabei noch angenehm in ihrem Bauch kribbelte. Als sie auch davon genug hatte, kehrte Zindy in ihr Rucksackkuschelbett zurück um von dort aus den Rest des Konzertes zu genießen.
Dort fand Kisha das Orang-Utan-Mädchen nach dem Ende des Konzerts dann auch in etwa so vor wie sie zu Beginn desselben gelegen hatte.
„Ich hoffe, du hast nicht alles verschlafen, Zindy, denn es war einfach gigantisch“, krächzte Kisha sie mit vom Schreien heißerer Stimme an. „Vielleicht sollte ich dir das nächste Mal einen Backstagepass besorgen. Dann kannst du überall hin.“
Zindy grinste in sich hinein. Als ob sie so etwas brauchen würde.



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