Zindy forever
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Zindy gründet eine Gäng


 

Sie trafen sich mehr oder weniger pünktlich im Knirpsschen Esszimmer. Wann das ganz genau war konnte nämlich keiner der vier sagen. Es hatte nur geheißen „Nach dem Frühstück, wenn alle weg sind“ und das war bei jedem leicht anders.
Kisha und Papa Daniel waren recht zeitig aus dem Haus. Niklas musste erst zur zweiten Stunde und wurde von Mama Kathrin mitgenommen und Oma Charlotte wollte den Bus um Neun nehmen. So kam es das die vier einzeln nacheinander und recht unterschiedlich eintrafen.
Die erste war natürlich Zindy. Kaum dass Kisha weg war, hatte sie aus der Wohnungstür von Kishas kleiner Dachgeschoßwohnung ins Treppenhaus gelauscht. Bestimmt elf zwei dreiundzwanzig Minuten hatte sie so verbracht bis Niklas ein Stockwerk tiefer die Treppe runtergepoltert war und sich die Haustüre ein zweites Mal schloss. Dann war es still gewesen.
Vorsorglich hatte Zindy noch einen Tischtennisball die Treppe herunterkullern lassen. Der hatte das auch mit vielem gut lauten Klack-Klack erledigt. Sonst war nichts geschehen und so war sie aufs Treppengeländer gehüpft und in einem Satz bis ins Erdgeschoß durchgerutscht. Von dort waren es nur noch wenige Meter bis zum Esszimmertisch. Der kleine Stoff-Orang-Utan hatte ihn in einem Satz erobert und sich demonstrativ auf das Stoffplatzdeckchen am Kopfende des Tisches gesetzt und gewartet.
Gerome war der Nächste, der erschien. Er war Zindys Weg um einiges langsamer gefolgt. Zwar war er inzwischen nicht mehr ganz so zurückhaltend wie noch vor einem Jahr, aber ganz so wild wie diese traute er sich trotzdem noch lange nicht zu sein. So rutschte er auch zuerst einmal nur mit halber Kraft ein Stockwerk tiefer, bremste brav ab und nahm dann das zweite Stockwerk in Angriff. Den Tisch bewältigte er gesittet über einen der Stühle.
Malaika war währenddessen vor Niklas Zimmertür gestanden und hatte von dort aus das Treppenhaus beobachtet. Als sie etwas von oben gehört hatte, war sie ganz aufgeregt geworden. Sie wollte auf keinen Fall zu spät kommen.
Zuerst war ein kleiner Ball zu sehen gewesen. Malaika war daraufhin etwas näher ans Treppenhaus gelaufen.
„Geht es schon los? Geht es schon los?“ hatte sie gequickt. Da war Zindy mit einem Ssst schon an ihr vorbei. Wenig später hatte Gerome dieselbe Frage gestellt bekommen.
Er hatte sie freundlich angesehen und leicht genickt. „Mach dich auf den Weg!“ Dann war er weitergerutscht.
Malaika fand, daß das Treppengeländer doch ganz schön hoch und ganz schon glatt war. Irgendwann mal würde sie da auch runter rutschen. Aber das war noch nicht heute. Heute würde sie lieber die Stufen nehmen. Die waren schon hoch genug.
Sie schielte nach unten und hüpfte dann vorsichtig die erste Stufe hinunter. Dort machte sie eine kurze Pause und nahm sich dann die zweite vor.
Wieder verharrte sie kurz ehe es zur dritten, vierten und fünften ging. Von Stufe zu Stufe klappte es immer besser. Irgendwann sogar so gut, daß sie übermütig wurde und nach etwas mehr als der Hälfte gleich zwei Stufen auf einmal nehmen wollte. Mitten im Sprung verließ sie jedoch der Mut und es kam wie es kommen musste. Sie schoss etwas übers Ziel hinaus, verlor den Halt und purzelte die letzten vier Stufen hinunter.
„Nichts passiert“, sagte sie halblaut und trippelte mit kleinen Schritten ins Esszimmer. „Ich bin doch nicht zu spät?“ fragte sie ängstlich und setzte sich ordentlich auf das Platzdeckchen, das ihr Zindy mit den Augen zuwies.
Bruno schließlich brauchte am längsten, obwohl er den kürzesten Weg hatte.
Während Oma Charlotte am Morgen bereits summend aus dem Bett geschlüpft und nach der ersten Tasse Kaffee nicht mehr zu bremsen war, ging es der Stoffbär erst einmal gemütlich an. Wobei er es eigentlich immer eher gemütlich anging. Oma Charlotte verließ heute ausnahmsweise das Haus nicht durch die Tür ihrer Einliegerwohnung, sondern sie marschierte durch Flur und Haustür der Knirpse nach draußen. Im Flur hatte ihr Mama Kathrin ein Buch hingelegt, daß Oma Charlotte für sie in der Bücherei zurückgeben sollte.
Bruno kam das sehr gelegen. Oma Charlotte ließ dabei nämlich meist die Verbindungstür zwischen dem Haus ihrer Lieben und ihrer eigenen Wohnung offen stehen. Bruno fand das gut.
An anderen Tagen bekam er so öfters was von nebenan mit und heute musste er sich nicht mit dem schweren Türgriff abplagen.
Oma Charlotte war schon zehn Minuten aus dem Haus als er seinen Stammplatz auf dem Sessel verließ und langsam durch Wohnküche und zwei Flure ins Esszimmer trottete. Den Weg nach oben bedachte er mit einem lauten Stöhnen. Das war mal hoch und steil. Netterweise half ihm Gerome auf dem letzten Stück. Er kletterte extra nochmal auf einen der Stühle zurück und schob dort von hinten. Oben ließ sich Bruno auf das nächstbeste Platzdeckchen fallen und sah die ungeduldig mit dem Fuß wippende Zindy an.
Die legte dann auch gleich los. „Da es nun endlich alle geschafft haben“, begann sie, wurde aber dabei von Malaika gestört.
„Bist du jetzt das Schwein Was-auch-immer?“ fragte die und alle fingen zu lachen an.
„Eins und zwei und drei und vier“, legte Gerome los.
„Stofftierregeln“, machte Zindy mit strengem Blick weiter. „Nun? Wer kann sie? Und warum passen die Orang-Utans mal wieder nicht auf?“ Sie imitierte Was-auch-immer so perfekt, dass sich Gerome und Malaika vor Lachen bogen und selbst Bruno ein lustiges Brummen hören ließ.
Zindy wartete bis sich alle wieder beruhigt hatten. Ein Scherz zum Einstieg war nie falsch. Jetzt aber wurde sie wieder ernst. „Ihr wisst, warum wir uns treffen?“ fragte sie in die Runde.
„Du hast gerufen“, sagte Gerome höflich.
„Wir haben sonst nichts zu tun“, brummte Bruno.
„Schokolade?“ hauchte Malaika hoffnungsvoll.
Damit stand es für Zindy fest. Die drei hatten keine Ahnung. „Ihr schaut keine Nachrichten?“
Ein Blick in deren Gesichter verriet es ihr. Natürlich nicht. Am wahrscheinlichsten noch Bruno, da Oma Charlotte sich immer gründlich informierte, aber selbst der verstand nicht, worauf der kleine Stoff-Orang-Utan hinaus wollte.
„Katastrophen“, sagte Zindy. „Katastrophen überall.“ Erst gestern hatte sie gesehen wie irgendwo eine Flutwelle Gartenmöbel, Fahrräder und Stofftiere mit sich gerissen hatte. Stofftiere, die einfach weggeschwemmt worden waren und dann nie mehr zu ihrem Menschen zurückgefunden hatten. Das durfte ihnen nicht passieren.
„Und deshalb brauchen wir“, begann sie, wurde aber von Malaika unterbrochen.
„Ich weiß es“, piepste die aufgeregt. „Schwimmwesten.“
Zindy ließ Malaika sich erst einmal beruhigen. „Eine Gäng.“
„Eine Gäng?“ Die anderen starrten sie verblüfft an.
„Eine Gäng“, wiederholte Zindy und erklärte es ihnen. Sie hatte das nämlich in einer Kindersendung gesehen. Die gründeten ständig eine Gäng, die dann alle beschütze und rettete. Mal hatte man zwar etwas Zoff mit einer anderen Gäng, aber mal verbündete man sich auch und half einander. Für den Fall der Fälle brauchten sie das auch.
„Einer muss die Gruppe natürlich führen“, stellte Zindy fest und sah Gerome an. Der schlug dann auch brav Zindy vor und da keiner etwas dagegen hatte, galt es als beschlossen.
Als gute Anführerin gab das kleine Stoff-Orang-Utan-Mädchen auch gleich jedem einen Posten. Gerome wurde selbstverständlich ihr Stellvertreter. Malaika hätte jede Aufgabe genommen, nur um dabei zu sein. Mit Jugendvertreterin war sie daher mehr als glücklich und Bruno, der etwas Ruhiges wollte, bekam den Posten des Schatzmeisters. Faultier Heiner schließlich wurde in Abwesenheit zur „Außenstelle Berlin“ gewählt.
Da Malaika nur noch aufgedreht hopste und Bruno schon fast wegdöste, vertagte Zindy vieles, das es noch zu regeln gegeben hätte, auf das nächste Treffen. Nur eines musste heute noch erledigt werden.
„Wir brauchen einen Namen.“
„David Bowie“, schlug Bruno vor. „Das passt immer.“
Malaika war wohl etwas zu jung. „Was ist ein Davidbowie?“
Zindy überhörte beides. Sie wäre schließlich nicht Zindy, wenn sie nicht schon selbst einen Namen im Hinterkopf hätte.
„Cookies“, formulierte sie feierlich in die Runde.
Gerome fand ihn gut. „Lecker.“
„Cookies kenn ich“, sagte Malaika.
Und auch Bruno war einverstanden. „Meinetwegen. Auch wenn es nicht ganz so cool klingt wie David Bowie.“
Damit war es ausgemacht: Cookies.
Der Name musste natürlich eingeweiht werden. Da traf es sich gut, daß Mama Kathrin immer eine Keksdose auf der Kommode im Esszimmer stehen hatte.
Mit einem gewagten Satz sprang der kleine Stoff-Orang-Utan direkt vom Tisch hinüber und organisierte für jeden einen Keks.
Als alle genüsslich knabberten, fand nicht nur sie, daß das die beste Gänggründung gewesen war, an der sie jemals teilgenommen hatten.


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