Zindy forever
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Zindy will was Besonderes sein

 

Wenn man es am Morgen eilig hat, weil man mal wieder spät dran ist, dann geschieht meistens etwas, was man gar nicht brauchen kann. Bei dem einen kocht die Milch über. Der nächste findet seinen zweiten Schuh nicht. Oder es fällt etwas herunter und zerbricht in tausend Scherben und für gewöhnlich ist das nicht die alte Kaffeetasse, die man schon lange aussortieren wollte, sondern das Lieblingsstück. In Kishas Fall war es ihr heißgeliebter Mickey-Mouse-Teller.
„Na super“, seufzte sie traurig während sie die Scherben zusammensammelte. „Und worauf soll ich jetzt mein Toastbrot legen?“ Missmutig sah sie in den Küchenschrank, seufzte nochmals und nahm sich schließlich irgendeinen der anderen Teller. „Ist ja auch egal. Die sehen eh alle gleich aus.“
Was nicht ganz richtig war. Gut ein Dutzend Teller waren hier aufeinander gestapelt. Acht davon beige mit schwarzen Punkten, zwei rote und ein paar Einzelstücke, die Kisha zu verschiedenen Anlässen geschenkt bekommen hatte. Natürlich wusste Kisha, daß sie verschiedene Designs hatten, aber der eine war nun mal ihr absoluter Lieblingsteller gewesen. Alle anderen waren nur Teller, der aber war besonders gewesen.
Zindy hatte den Vorfall vom Küchentisch aus beobachtet und nun – Kisha war inzwischen aus dem Haus gegangen – wurde sie mehr und mehr nachdenklich. Denn eigentlich war sie auch nichts Besonderes.
Damals in der Stofftierfabrik hatte es eine ganze Kunststoffbox voll mit kleinen Orang-Utans wie sie gegeben und jeden Tag waren neue hinzugekommen. Ja, jeder hatte einen Namen bekommen, aber wäre sie etwas weiter links gesessen, würde sie jetzt Xanti oder Yves heißen. Sie war also wie einer dieser Teller. Nichts Besonderes. Stapelbar.
Nun seufzte Zindy. Ihr Fell war orange. Das war nicht jedermanns Farbe und obendrein reichlich langweilig. Und sonst? Was konnte sie schon? Schwingen. Nett schauen. Fertig.
Sie sah zu Gerome hinüber. Der lag auf seinem Lieblingssofakissen und schlief friedlich. Sein kleines Bäuchlein hob und senkte sich langsam und gleichmäßig. Wenn sie es so für sich bedachte schlief er richtig viel. Wenn er nicht gerade aß. Völlig normal für ein Schaf. Nichts Besonderes. Fast war Zindy beruhigt. Doch dann fiel ihr ein, daß er schwarz war. Weiße Schafe gab es wie Sand am Meer. Mindestens achtzig sieben zwölf. Schwarze wie Gerome waren dagegen viel seltener. Davon gab es höchstens zwanzig fünf zehn.
Sie seufzte erneut. Und sie? Wenn sie schon nichts Besonderes war, konnte sie vielleicht doch etwas Besonderes für Kisha tun.
Zindy sah sich in der Küche um. Laut Mama Kathrin gab es da immer viel zu tun. Wäre doch gelacht, wenn da nichts für sie dabei wäre. Backofen reinigen, Gefrierfach abtauen, Boden wischen wäre zwar alles nötig, aber für das kleine Orang-Utan-Mädchen nicht machbar. Dann fiel ihr Blick auf das Fenster oder vielmehr auf das, was auf dem Fensterbrett stand. Zwei halbvertrocknete Topfpflanzen fristeten dort ihr trauriges Dasein. Wasser hatten sie jedenfalls schon einige Tage nicht mehr gesehen.
Das war ihre Chance etwas Besonderes zu tun. Aktion „Rettet die Blumen“ konnte beginnen.
Zindys erstes Ziel war das Küchenwaschbecken. Zu ihrem Glück hatte Kisha eine Armatur mit Hebel gewählt. Sie zwängte sich zwischen Wasserhahn und Hebel und drückte mit ihrem Hintern den Hebel nach oben. Erst sträubte er sich ein wenig, aber dann gab er überraschend schnell nach und ein kräftiger Wasserstrahl ergoss sich ins Becken. Eine geschickte Drehung später saß sie auf dem Hebel. Sie begann vor und zurück zu wippen um den Wasserstrahl zu reduzieren. Einen Moment später war er wieder aus. Also wieder zwischen Wasserhahn und Hebel und drücken, nach oben und wippen. Es brauchte mehrere Versuche, aber schließlich schaffte sie es, daß nur noch ein schwaches Rinnsal aus dem Hahn lief.
Als nächstes benötigte sie ein Gefäß, klein, aber stabil. Gläser, Tassen oder Schüsseln kamen dafür nicht in Frage. Mit einem Schöpflöffel könnte es allerdings funktionieren.
Mit etwas Mühe zog sie den kleinsten von Kishas Schöpflöffeln aus dem Besteckhalter und schleppte ihn zum Waschbecken. Den Stiel fest in ihren Händen hob sie die Kelle in den Wasserstrahl. Schnell füllte sich dieser mit Wasser. Nun musste sie nur noch zum Fenster, das dummerweise genau auf der gegenüberliegenden Seite lag.
Zindy hatte zwei Möglichkeiten. Mit Anlauf direkt auf den Küchentisch springen oder runter auf den Boden und über den Stuhl wieder hoch. Vom Tisch waren es dann nur ein paar Zentimeter hoch zum Fensterbrett. Der kleine Orang-Utan entschied sich für Variante 1.
Sie tapste drei Schritte auf der Arbeitsplatte zurück um mehr Anlauf zu haben. Dann rannte sie los.
Ohne den Schöpflöffel hätte es bestimmt geklappt. So aber merkte sie bereits mitten im Sprung, daß sie zwar mit der Kelle auf dem Tisch landen würde, der Aufprall jedoch das Wasser herausspritzen lassen würde. Womöglich ergoss es sich dann sogar noch über ihr Fell und das wollte sie auf keinen Fall. Da half nur eines. Sie ließ den Schöpflöffel im Sprung los. Selbst sicher auf dem Tisch gelandet sah sich Zindy den Schaden an.
Der Schöpflöffel lag auf dem Küchenboden, das Wasser war in mehreren Pfützen darum verteilt. Zindy zeigte das nur, daß sie auf Variante 2 umschwenken musste.
Sie hüpfte vom Tisch und schnappte sich die Kelle. Am Waschbecken neu gefüllt rutschte sie nun langsam an einem der Küchenhandtücher runter. Kurz über den Küchenboden und vorsichtig über den Stuhl auf den Tisch. Dann rüber zum Fensterbrett und schon landeten die ersten Tropfen im Blumentopf.
Sehr oft musste Zindy diesen Weg nehmen. Denn auf jeder Tour vom Wasserhahn zu den Blumentöpfen verlor sie hier ein paar Tropfen und da ein paar Tropfen. Beim Hochklettern schwappte etwas über und auch das Ausleeren in den Blumentopf klappte nicht jedes Mal reibungslos. Im besten Fall brachte sie drei Viertel des Inhalts ans Ziel.
Mit jedem neuen Weg wurde es für Zindy immer anstrengender. Die Kelle wurde schwerer, die Strecke länger und der Tisch höher und höher. Sie füllte den Schöpflöffel noch ein letztes Mal und lehnte ihn an den Beckenrand. Zwei Hopser und der Wasserhahn war aus. Noch einmal runter, rüber und hoch. Mit müden Armen leerte sie das Wasser gleichmäßig in und neben den Blumentopf.
Dabei schwankte sie schon. Deshalb beschloss sie sich ein klein wenig auszuruhen und dann den Schöpflöffel aufzuräumen.
Als Kisha ein paar Stunden später wieder nach Hause kam schlief Zindy noch immer auf dem Küchentisch. In ihren Armen hielt sie eine Suppenkelle. Vom Waschbecken über den Boden, einen Stuhl und den Tisch führte eine Wassertropfenspur bis zu ihren beiden Blumentöpfen auf dem Fensterbrett.
Das ist so typisch für Niklas, schoss es ihr durch den Kopf. So tun als ob er einem hilft und dabei die halbe Küche verspritzen. Und es dann noch so aussehen lassen als ob es ein Stofftier gewesen wäre. Für wie dumm hält der mich denn? Dann fiel ihr ein, daß ihr Bruder noch gar nicht zu Hause war.
Sie nahm Zindy hoch und sah ihr nachdenklich in die Augen. Ihre Mutter würde sie jetzt für verrückt erklären, aber konnte es sein, daß das kleine Orang-Utan-Mädchen versucht hatte, ihre Blumen zu gießen?
„Nee, hast du nicht“, sagte sie mehr zu sich als zu Zindy. „Aber wenn doch, dann wäre das furchtbar lieb gewesen. Ich wusste schon damals im Kaufhaus, daß du was ganz Besonderes bist.“ Sie setzte die von einem Ohr zum anderen strahlende Zindy auf den Küchentisch und beseitigte dann die Wasserspur.
„Da trifft es sich ja gut, daß ich heute etwas für dich gefunden habe.“ Aus ihrer Tasche holte Kisha einen Gegenstand. Vorsichtig nahm sie Zindys linken Fuß und stülpte ihr ein kleines Fußkettchen über. „Das sieht aus als wäre es extra für dich gemacht worden.“
Zindy platzte fast vor Stolz. Zu ihrem Glück verließ Kisha die Küche. So musste sie nicht verstohlen an sich herabschielen, sondern konnte direkt ihren Fuß bewundern. Glitzernd und funkelnd schmiegten sich vier kleine Kunststoffbananen um ihren Fuß. Sie hob den Fuß ein wenig hoch und spreizte ihre Zehen. Dann drehte sie ihn langsam nach links und rechts.
Jetzt hatte sie ein Kettchen. Fast wie eine Prinzessin.



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