Zindy forever
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Zindy geht Buffet essen

 

In der Stadt hatte ein neues Restaurant aufgemacht. Statt sich wie sonst üblich von der Speisekarte ein Gericht herauszusuchen, gab es hier die unterschiedlichsten Speisen ausschließlich in Form eines riesigen Buffets. Die beworbene Auswahl versprach für jeden Geschmack etwas zu bieten. Sogar an mehrere Stationen, an denen Fleisch oder etwa ein Omelette vor den Augen der Gäste frisch zubereitet werden würde, war gedacht worden. Auch Familie Knirps wollte das Buffet heute ausprobieren und hatte vorsorglich einen Tisch reserviert. Wie gut, daß in dem Rucksack, den Kisha bei solchen Gelegenheiten üblicherweise mitnahm, neben Handy, Geldbeutel und Schlüssel noch genug Platz war für einen kleinen Stoff-Orang-Utan.
Zindy – so hieß der Stoffaffe – war nämlich nie aus Versehen dabei, auch wenn das die ganze Familie immer wieder vermutete. Seit das Orang-Utan-Mädchen vor einiger Zeit bei ihnen eingezogen war, nahm sie praktisch am gesamten Leben im Hause Knirps teil. Sie schaffte es einfach immer wieder da aufzutauchen, wo etwas los war, und es dabei so aussehen zu lassen, als ob es Zufall oder eben ein Versehen war. Und verständlicherweise vermutete auch niemand ernsthaft etwas anderes.
Sie hatten einen runden Tisch in einer der Nischen zugewiesen bekommen. Nahe genug am Buffet, damit vor allem Niklas nicht allzu weit mit seinen völlig überfüllten Tellern würde laufen müssen, und doch weit genug, damit nicht alle dreißig Sekunden jemand an ihrem Tisch vorbeilaufen würde. Mama Kathrin und Oma Charlotte nahmen gemütlich auf der Bank Platz. Die Stühle überließen sie gerne Papa Daniel, Niklas und Kisha.
„Die Jugend hat doch viel mehr Hunger und muss deshalb schnell zum Futtertrog“, sagte Oma Charlotte augenzwinkernd zu ihrer Tochter. „Und außerdem können wir uns so von ihnen verwöhnen lassen.“
Papa Daniel brachte dann auch ganz Gentleman erst einmal die Jacken der Damen zur Garderobe. Die stellten ihre Handtaschen neben sich auf die Bank und Kisha gab noch ihren Rucksack dazu.
Während am Tisch die Getränke geordert wurden, wurde aus dem Rucksackinneren ganz langsam der Reißverschluss der größten Innentasche aufgezogen. Als die Öffnung groß genug war erschien sehr vorsichtig ein orangener Fellschopf. Dann ein paar braune Augen. Zwei Ohren. Dann ein Schnuppernäschen. Ein Mund. Zwei Arme. Und schließlich sprang ein kleines Stoff-Orang-Utan-Mädchen blitzschnell heraus, kauerte sich hinter die Taschen und sondierte von dort die Lage.
Gerüche erreichten ihre Nase. Herrliche Gerüche. Es roch nach Essen. Nach viel Essen. Nach sehr viel unterschiedlichem Essen. Manches war ihr vertraut, manches kannte sie nicht, aber alles roch irgendwie lecker.
Am Tisch war die Getränkebestellung inzwischen beendet und der Kellner unterwegs. Für Kisha und Niklas war das wohl das Startsignal. Mit einem „Wir informieren uns mal, was es so alles gibt!“ verschwanden die beiden Richtung Buffettische.
Oma Charlotte, Mama Kathrin und Papa Daniel blieben erst einmal gemütlich am Tisch sitzen und warteten auf die Getränke. Man war ja schließlich nicht auf der Flucht.
Auf der Flucht war Zindy auch nicht, aber Essen – zumal wenn es so verführerisch duftete – zog sie magisch an. Sie prüfte noch einmal die Lage und machte sich dann ebenfalls auf den Weg.
Das Buffet zu finden war dabei nicht die Schwierigkeit. Zindy musste dafür nur ihrer Nase und den Restaurantgästen folgen. Die eigentliche Herausforderung bestand vielmehr darin, unentdeckt zu und an die besten Leckereien zu kommen. Sie konnte ja schließlich nicht so einfach ans Buffet hüpfen und jemandem mit der Kuchengabel auf den Handrücken zu klopfen, um klarzustellen, daß das da ihre Erdbeere war.
Zur Gestaltung der verschiedenen Buffetbereiche hatten sich die Besitzer einiges einfallen lassen.
Manchmal wie an der Pasta-Station hing eine Flagge von der Decke. Flaggen und ihre Bedeutung kannte Zindy von ihrem Aufenthalt in der Stofftierfabrik. Pasta war demnach Italien.
Manchmal stand eine lebensgroße Kochfigur samt Huhn unter dem Arm als Hingucker daneben. Omelette und leckere frische Waffeln wusste Zindy sofort.
Und manchmal hing eine Girlande mit siebenundsiebzig zwei dreizehn Sorten Obst kreuz und quer über den bis zum Rand mit Bananen, Erdbeeren, Ananas, Melonen und vielen weiteren Früchten gefüllten Schüsseln.
Zindy kam die üppige Dekoration sehr entgegen, denn sie bot ihr beides zugleich, gute Schwing- und gute Versteckmöglichkeiten- Zwischen Deckenlampen, Girlanden, Pflanzen und Figuren sollte es ihr gelingen, sich gut zu verbergen und gleichzeitig gut zu essen.
Zindy beschloss sich erst einmal einen Überblick über das ganze Angebot zu verschaffen. Nicht, daß sie sich an irgendetwas satt aß und danach etwas noch viel köstlicheres entdeckte. Der große Leuchter war dafür der richtige Ort. Er hing genau in der Mitte des Raumes und bot so einen Rundumblick über alle Buffetstationen angefangen mit Backwaren und Suppe über mannigfaltige Hauptspeisen bis hin zu Obst und Dessert.
Zindy schaute dem Treiben unter ihr kurz zu. Doch nach fünf Minuten fand sie, daß es an der Zeit war selbst einzugreifen. Brot und Suppe stand dabei ebenso wenig auf ihrem Speiseplan wie eine der vielen Kartoffel- oder Fischspezialitäten. Und Fleisch überließ sie gerne Niklas, der gerade einen Teller mit zwei frisch gebratenen Steaks und Unmengen von Pommes zum Tisch balancierte, wo er großspurig verkündete: „Es gibt alles. Ich glaube, ich esse mindestens zehn Teller.“
Der kleine Stoff-Orang-Utan dagegen wollte zuerst eine Waffelecke probieren und sich dann direkt auf die Früchte und den Nachtisch stürzen.
Durch leichte Schaukelbewegungen versetzte sie den Leuchter in Schwingungen und schaffte es so in einem Satz zur italienischen Flagge. Hier duftete es verboten gut nach Nudeln. Zindy erspähte eine vergessene Kuchengabel und bediente sich mit deren Hilfe aus dem Spaghettitopf. Mit dem einen Arm am Rand der Flagge herabgeglitten, spießte sie eine der langen Nudeln auf, turnte schnell wieder nach oben und verspeiste sie im Schutz eines Lampions. Die Gabel hoch über ihren Kopf haltend zog sie sie durch ihre Lippen langsam und genüsslich von der Gabel in ihren Mund. Zu ihrer Freude stellte sie fest, daß sie sogar etwas Tomatensoße erwischt hatte.
Der Lampion gehörte strenggenommen bereits zum asiatischen Teil des Buffets. Nachdem Zindy die Gabel sauber geleckt hatte, beschloss sie sie für alle Fälle im Inneren des Lampions zu deponieren. Dann nutzte sie die Lampionkette als Abkürzung um schnell, elegant und unbemerkt zu den Waffeln zu gelangen.
Genau wie ein Omelett wurde auch eine Waffel auf Wunsch frisch zubereitet. Bei dem Andrang, der heute herrschte, würde der kleine Stoff-Orang-Utan bestimmt nicht lange warten müssen bis eine entsprechende Bestellung aufgegeben werden würde. Sicher in der langen weißen Kochmütze der Dekorationsfigur verborgen dauerte es keine drei Minuten. Wobei Zindy auch gar nicht auf eine ganze Waffel aus war. Nein, ihr genügte eine kleine überschüssige Ecke, die oft dann entstand, wenn es der Waffelbäcker allzu gut mit der Teigmenge meinte. Damit die Waffel für den Gast perfekt aussah, wurden diese entfernt und auf einem separaten Teller beiseitegelegt.
Zindy wartete bis ein neues Stück darauf landete. Kaum hatte der Waffelbäcker sich abgewandt, schlug sie zu. Sie sprang unten auf den Teller, schnappte sich das warme Waffelstück und war auch schon wieder weg. Im Vorbeischwingen hauchte sie ein höfliches „Sänk ju!“. Das hatte sie von Kisha gelernt. „Sänk ju!“ war merikanisch. Man sagte es, wenn man besonders höflich sein wollte. Aber der Waffelbäcker hatte es wohl nicht gehört.
Sie zog sich mit dem Waffelstück zu ihrem Lampion zurück, wo es schnell verspeist war. Es hatte ein wenig gebröselt, stellte sie beim Blick auf ihr Fell fest und kehrte die Krümel einfach runter. Wie Konfetti fielen sie nach unten und landeten auf „Ente süß-sauer“. Zindy fand, dass das das Gericht noch verfeinerte. Es gab ihm eine ganz eigene Note.
Sie selbst liebäugelte inzwischen bereits mit der Nachtisch- und Früchte-Ecke. Die Kuchengabel wurde aus dem Lampion befreit. Sie balancierte über die Obstgirlande, inspizierte das Angebot ganz genau und legte die Reihenfolge fest, in der sie all das verspeisen wollte, was sie dort anlachte.
Die Gabel fest in der linken Hand schwang sie sich nach unten, zielte auf eine Bananenscheibe und landete dann kurz am Schokoladenbrunnen.
Dummerweise hatte sie dabei den etwas dumm dreinblickenden Jungen übersehen, der gerade einen völlig überladenen Spieß in den Brunnen hielt. Bei ihrem Anblick warf er den Spieß in die Luft und begann lauthals zu schreien. Der Spieß flog in hohem Bogen durch den Raum und genau auf den Kopf einer sehr spießig wirkenden Dame.
Während sich seine Mutter dreimal bei ihr entschuldigte und dabei mit einer Serviette die noch leicht flüssige Schokolade gleichmäßig über deren Frisur verteilte, verzog sich Zindy blitzschnell nach oben hinter ein paar künstliche Melonenscheiben.
„Der Stoffaffe hat mich angegriffen“, plärrte derweil der Junge.
Seine Mutter zupfte noch ein Stück Mandarine vom Kopf der Dame, entschuldigte sich zum x-ten Mal und verschwand dann eilig, den Jungen im Schlepptau.
„Jetzt ist aber Ruhe!“ fuhr sie ihn an. Ein Stoffaffe im Buffet. Hatten wir das diesen Unsinn nicht schon einmal? Für dich ist das Buffet jedenfalls beendet.“
Jetzt erkannte Zindy den Jungen wieder. Das war doch der von der Autofahrt von Berlin nach Bayern. Der war eh doof, erinnerte sie sich und lutschte dabei an ihrer Schokobanane. Sie sollte aber vielleicht ab jetzt doch etwas besser aufpassen.
So sah sie mehrmals hin und her und hin und her ehe sie sich nacheinander Erdbeere in Vanillesoße, Pfirsich an Schokopudding und Ananas mit Pfefferminzeis holte. Eigentlich hatte noch ein Träubchen-Käsespieß auf ihrer Speisekarte gestanden, aber den schaffte sie beim besten Willen nicht mehr. Außerdem war es auch mal wieder Zeit nach den Knirpsen zu sehen.
Träge machte sich der Stoff-Orang-Utan auf den Rückweg.
Familie Knirps-Malm – und hier vor allem Niklas – war noch fleißig am Essen. Geschickt schlüpfte Zindy in den Rucksack zurück und zog von innen den Reißverschluss zu.
Das kleine Bäuchlein spannte gewaltig, aber eines wusste Zindy ganz sicher. Sie würde mal wieder zum Buffetessen gehen. 



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